Meine Mutmomente: Was möglich wurde, als ich mich getraut habe

Veröffentlicht am Kategorisiert als Persönliches
Gabi Kremeskötter vor Bruchsteinmauer aus Schiefer, daneben der Schriftzug: Meine Mutmomente: Was möglich wurde, als ich mich getraut habe

Susanne Heinen hat ihre Blogparade verlängert, wie gut, so kann ich in diesem Artikel meinen persönlichen Mutmomenten nachspüren. Was wurde möglich, als ich mich getraut habe? Ich bin gespannt auf meine Erinnerungsblitze und werde sie als unsortierte Liste verfassen. Vielleicht brauche ich ein paar Tage, bis ich all meine Mutmomente beisammen habe, zumindest die wichtigsten. Das Gute an einer Liste: Ich kann sie jederzeit erweitern, wenn mir später noch mehr einfällt.

Doch was ist Mut überhaupt? Für mich der Zwilling meiner Angst, die mich stets und überall begleitet. Mal unterschwellig, mal hemmend, stets jedoch da. Sie laufen Hand in Hand – und manchmal zieht der Mut ein kleines Stück voraus. Ein paar dieser Mutmomente habe ich bereits letztes Jahr in meinem Blogartikel Mut und Angst sind Zwillinge – wie ich mit ihnen lebe beschrieben. Heute jedoch gehe ich das ganze mehr im übertragenen Sinne an. Lasse mein Urvertrauen mitschwingen, denn ohne Vertrauen in Menschen, in mich oder Umstände, die mich tragen würden, hätte ich sicher einiges nicht angepackt.

Als ungeordnete Liste, gerade so, wie mir die Momente aus meinem Gedächtnis in die Tastatur fließen, vervollständigt durch Erlebnisse und Erkenntnisse, die als Meilensteine an meinem Weg stehen: So möchte ich meine folgenden Mutmomente verstanden wissen 🙂

Mutmoment 1: Für andere einstehen

Trotz meiner Introvertiertheit und Schüchternheit habe ich Mut bewiesen, für andere einzustehen und mich immer wieder zur Klassensprecherin wählen lassen. Auch im schleswig-holsteinischen Leichtathletik-Verband war ich mehrere Jahre lang Jugendsprecherin.

Was daraus wurde? Ich habe gelernt, dass ich das kann. Meinen Mund aufmachen, Argumente austauschen und Gehör finden. Auch wenn ich mich jedes Mal wieder überwinden muss, hat die frühe Übung mir Erfahrungen beschert, die ich noch heute nutze. Ich bin nach Myers-Briggs eine Verteidigerin, andere nach vorne bringen, liegt mir noch heute 🙂 Ich bin leise, aber nicht stumm.

Mutmoment 2: Geschwindigkeit

Ich habe Mut zur Geschwindigkeit entwickelt, gleichzeitig ist sie mein verlässlicher Endorphinlieferant: Ob beim Skifahren die schwarze Piste, beim Auto- und Motorradfahren, Gaspedal oder Gasgriff oder mein Fallschirmsprung mit 31 – die rauschende Luft an meinen Ohren zu hören, ist dieser Mut wert.

Was daraus wurde? Die Erkenntnis, dass ich mein Tempo selbst bestimme. Ich meine Grenzen selbst einordnen und weiten kann, wann immer ich das will. Der eine und andere Unfall war die Folge von meinem Temporausch, doch war glücklicherweise meist nur Materialschaden zu beklagen. Heute habe ich die erlebten Geschwindigkeits-Rauschzustände in meiner Erinnerungsschatztruhe, muss sie nur noch selten real erleben. Alter macht gelassener, doch dass ich sie mitgehen kann bzw. konnte, die Geschwindigkeit, freut mich noch heute. Heute genieße ich den Spaziergang am Waldrand genauso wie einst die 180 auf der Autobahn.

Mutmoment 3: Ein altes Haus kaufen und renovieren, ganz allein

Annehmen, was nicht zu ändern ist und das Beste draus machen – danach habe ich fast mein ganzes Leben ausgerichtet. Ich kann bescheiden sein oder gierig, spontan oder überlegt, immer jedoch ist mein Zuhause meine Burg gewesen. Als sie zerstört am Boden lag, machte ich mich auf, mir ein neues zu suchen. Mit nur geringen materiellen Mitteln das Maximum herausholen und den Mut, es auch wirklich zu tun. Gleich zweimal habe ich ihn innerhalb von 10 Jahren herausgefordert und wurde belohnt.

Was daraus wurde? Über mein zweites Mal habe ich sogar mein erstes Buch geschrieben: Zweihundertneunzehn Quadratmeter Glück! Wenn das kein Erfolg und Beweis ist, dass Mut sich lohnt! Ich habe mir selbst ein Zuhause gebaut: aus Staub, Mut und ganz viel Hoffnung.

Mutmoment 4: Die Reise in ein fremdes Land

Der Einladung eines fremden Menschen in ein fremdes Land zu folgen, hat mich gelehrt, dass Mut auch in der Intuition gründet. Dem Bauchgefühl, dass etwas richtig ist, zu folgen, selbst wenn der Ausgang in alle Richtungen offen ist. Frei nach dem Motto: Eine Chance birgt einen Gewinn, sie nicht zu ergreifen, trägt automatisch den Verlust in sich, denn es hätte ja gut ausgehen können!

Was daraus wurde? Kein wirkliches Happy End, zumindest, was eine mögliche Liebesgeschichte angeht. Gewachsen bin ich aber definitiv daran und die wunderbaren Urlaubserlebnisse werde ich für immer im Herzen tragen. Auch die Lehre, dass egal, wie gut sich etwas anfühlt, es immer zwei Seiten gibt und du nie sicher sein kannst, solange du die Kehrseite nicht betrachten darfst. In meinem Fall diente die Reise als Inspiration für mein zweites Buch Dahinterliegendes Blau – nur in Teilen autobiografisch. Nicht jede Reise führt ans Ziel – aber jede bringt uns näher zu uns selbst.

Mutmoment 5: Mit meinem Namen Gesicht zeigen

Mich nicht mehr hinter meinem Autorinnen-Pseudonym zu verstecken, war eine ganz besondere Mutprobe für mich. Sie ging auf – sonst gäbe es heute diesen Blog nicht. Mit meinem Namen Gesicht zeigen, mit meinem Geburtsnamen, das war ein echter Schritt ins Wagnis.

Was daraus wurde? Ich habe meine Angst vollends verloren, mich öffentlich zu zeigen. Mich im Internet zu präsentieren mit meiner Expertise als Dozentin für KREatives Schreiben, als Freie Rednerin und Lektorin, als Autorin Juli Norden. Ich lebe beide Identitäten – als Dienstleisterin und Künstlerin. Stehe selbstbewusst auf meinen Beinen und ja, das freut mich ungemein. Sichtbar sein bedeutet, mich verletzlich machen; aber auch: mich zeigen in voller Größe.

    Mutmoment 6: Für mich einstehen

    Habe ich, wie oben schon geschrieben, früher vornehmlich darauf geachtet, dass es anderen gut ging, hat sich das verändert. Für andere kämpfen, fiel mir leichter als für mich selbst. Den Mut dafür habe ich erst aufgebracht, als mir mein Leben keine andere Wahl mehr ließ. Ich auf mich allein zurückfiel und vor einem Wendepunkt stand. Ein weiteres Mal Angst überwinden, Vertrauen in mich haben und losmarschieren.

    Was daraus wurde? Ich sage heute noch offener, noch ehrlicher, noch konsequenter, was ich denke. Meine Meinung wird oft als unbequem wahrgenommen und hat mich durchaus (vermeintliche) Freund- und Bekanntschaften gekostet. Ich habe keine Lust mehr, mich mit Energieräubern, Immer-nur-jammern-aber-nichts-ändern-Wollenden und respektlosen Menschen abzugeben. Ich bin in meiner Mitte angekommen. Bin mir Hafen und Heimat. Die wenigen Freunde und meine große, liebevolle Familie zeigen mir, dass ich genau richtig bin, so wie ich bin: nicht mehr nur für andere da – endlich auch für mich da.

    Rückblick mit Herz: mein Fazit

    Jeder dieser Mutmomente hat mich ein Stück näher zu mir selbst gebracht. Sie waren nicht immer laut oder spektakulär. Manchmal war Mut einfach nur: leise weitermachen, trotz zweifeln. Oder den ersten schritt tun, auch wenn der Boden unter mir gewackelt hat und ich nicht wußte, ober er mich trägt.

    Ich weiß, Mut ist kein Dauerzustand. Mut ist ein Moment. Manchmal dauert er nur einen Herzschlag lang, aber er kann ein ganzes Leben verändern. Dieser Rückblick hat mir gezeigt, wie viele dieser bedeutenden Augenblicke rückblickend echte Mutmomente waren 🙂

    Mutmomente sind wie kleine Leuchtfeuer. Sie zeigen uns, woher wir kommen. Und wohin wir noch gehen können. Ich bin dankbar für jeden einzelnen davon und ich weiß: neue werden folgen.

    Und welche Mutmomente hast du erlebt? Schreib sie dir auf ! Sie zeigen dir, wie stark du bist 🙂

    Viele liebe Grüße

    Gabi


    Lächelnde Frau vor Efeu-Wand mit einem Notizbuch in der Hand, darauf der Claim "Liebe, die durch Worte strahlt"

    Gabi Kremeskötter

    Liebe, die durch Worte strahlt

    Freie Rede – Schreibworkshops – Lektorat


    Von Gabi Kremeskötter

    Geb. 1966 in Pinneberg, wohnhaft in D-56841 Traben-Trarbach/Mosel/Rheinland-Pfalz, Dozentin für KREatives Schreiben, Lektorin & Korrektorin, Freie Rednerin für Trauungen, Kinderwillkommensfeste und Trauerfeiern, Autorin Juli Norden. Mehr zu mir und meinem Schaffen findest du auf meiner Über-mich-Seite.

    3 Kommentare

    1. Liebe Gabi,

      vielen Dank, dass Du Deinen wunderbaren Artikel zu meiner Blogparade beigesteuert hast. Du hast einen sehr schönen Bogen durch so viele Lebensabschnitte gespannt. Ich kann richtig gut nachfühlen, wie sich all diese Puzzleteile in Deinem Leben zu Deiner jetzigen Haltung zusammengefügt haben. Deine Idee, diesen Artikel noch weiterwachsen zu lassen, finde ich toll und weiß sicher, da kommt noch mehr❤️.

      Alles Liebe
      Susanne

      1. Liebe Susanne,
        herzlichen Dank für deine lieben Zeilen, ich freue mich sehr, dass du „mich nachgelesen“ hast 🙂
        Rückblickend findet sich oftmals der Sinn in so Vielem und trägt einen mit deutlicher Stärke weiter nach vorn.
        Viele liebe Grüße
        Gabi

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