Last Updated on 21. August 2025 by Gabi Kremeskötter
Du möchtest eine Kurzgeschichte schreiben, weißt aber nicht, worauf es ankommt? In diesem Artikel zeige ich dir die wichtigsten Merkmale, ganz anschaulich und praxisnah. Dabei komme ich auf die wichtigsten Punkte zu sprechen, die deine Kurzgeschichte zu einem textlichen Kunstwerk machen – kurz und knapp, doch mit allem drin, was wichtig ist.
Was ist eine Kurzgeschichte überhaupt?
Ein kleiner Ausschnitt, ganz groß erzählt: Das ist eine Kurzgeschichte. Sie ist wie ein Schnappschuss. Hält einen Moment fest, einen Augenblick, in dem sich etwas entscheidet. Du begleitest eine Figur auf einem kurzen Stück ihres Weges, doch in diesem kurzen Ausschnitt passiert alles, was für den Moment zählt. Kein Drumherum, kein Aufwärmen, du steigst mitten ins Geschehen ein. Zack, da ist er, der Aufhänger. Der Satz, der neugierig macht, aufrüttelt oder verwundert. Ich nenne ihn auch den narrativen Haken. Und genau der zieht uns in deinen Text hinein, wie ein Angler, der einen Köder am Haken befestigt und den Fisch fängt.
Was der Merkmale einer Erzählung im Vergleich zu einer Kurzgeschichte sind, habe ich übrigens schon vor längerem in einem eigenen Blogartikel erklärt 🙂
Kurzgeschichte: 7 wichtige Merkmale auf einen Blick
Bei Kurzgeschichten gilt: Jedes Wort zählt. Vergiss ausschweifende Landschaften, formuliere keine Nebengeschichten oder ganze Dörfer voller Figuren. Fokus ist alles. Konzentriere dich auf einen Erzählstrang, die eine Person, den wichtigen Konflikt.
Typische Merkmale einer Kurzgeschichte sind:
- Kurzer Umfang: Meist 1 bis 6 Normseiten – ideal für schnelle Lese- und Schreiberlebnisse.
- Ein klarer Fokus: Eine Hauptfigur, eine zentrale Handlung, ein überschaubarer Zeitraum.
- Sofortiger Einstieg: Keine lange Einleitung. Du springst mitten in die Szene oder das Geschehen.
- Reduktion aufs Wesentliche: Kaum Nebenfiguren, keine Nebenhandlungen. Alles, was nicht zwingend nötig ist, fliegt raus.
- Einsträngige Erzählweise: Die Handlung verläuft geradlinig, ohne Rückblenden, Zeitsprünge oder Perspektivwechsel.
- Überraschender oder offener Schluss: Das Ende soll nachhallen, gerne mit Pointe, Wendung oder dem Hinterlassen eines Fragezeichens im Kopf der Lesenden.
- Einheit von Zeit, Ort und Figur: Bediene dich eines klassischen Stilmittels: Beschränke dich auf eine Szene, einen Ort, einen Moment. Dadurch entsteht Tiefe trotz Kürze.
Durch diese Vorgehensweise lenkst du das Licht wie auf eine Bühne: Scheinwerfer auf die Szene. Und alles andere bleibt im Dunkeln.
So baust du deine Kurzgeschichte sinnvoll auf
Jeder Text braucht eine Struktur, egal wie kurz oder lang. Für deine Kurzgeschichte empfehle ich, dein Augenmerk auf folgende Merkmale zu richten:
Der Anfang ist mittendrin
Eine gute Kurzgeschichte verliert keine Zeit. Sie wirft uns direkt hinein in eine Szene, einen Gedanken, einen Moment. Verzichtet auf Vorgeplänkel oder einen langen Anlauf. Wir wissen nicht, was davor war, und oft auch nicht, was danach kommt. Aber das macht nichts. Im Gegenteil: Gerade dadurch entsteht Spannung. Denn wir spüren: Da ist schon etwas passiert. Und etwas anderes wird noch geschehen.
Ein starker Anfang lässt Bilder im Kopf entstehen. Er stellt eine Figur in den Raum, eine Stimmung, vielleicht ein seltsames Detail. Und plötzlich sind wir mittendrin, ohne zu merken, wie wir dorthin gekommen sind. Du brauchst keinen Prolog, keine Vorgeschichte, keine lange Beschreibung.
Frag dich lieber, was lässt die Leserin innehalten? Was weckt das Gefühl: „Da will ich weiterlesen“? Wenn dir dieser erste Satz gelingt, hast du das Tor weit geöffnet und der Rest folgt, Schritt für Schritt.
Die Handlung: kurz, klar, auf den Punkt
Bei der Konzentration auf nur einen, maximal zwei Protagonist:innen kannst du dich ohne Nebenfiguren voll und ganz auf das Wesentliche konzentrieren. In einer Kurzgeschichte ist kein Platz für Umwege. Du brauchst keine großen Spannungsbögen oder viele Nebenlinien, oft reicht ein einziger Funke, der die Handlung in Gang setzt. Und dieser Funke sollte schnell zünden.
Frag dich: Was ist der eine Moment, der alles verändert? Was passiert, das dein:e Protagonist:in aus der Bahn wirft, oder endlich auf Kurs bringt? Oft reicht eine einzige Szene: ein Streit, ein Abschied, eine Begegnung.
Wichtig ist: Die Handlung bewegt sich auf ein Ziel zu. Ganz gleich, ob still oder dramatisch, sie folgt einem inneren Rhythmus. Ohne abzuschweifen, ohne Schnörkel. Statt viele Schritte zu beschreiben, wählst du den entscheidenden.
Du erzählst nicht das ganze Leben, nur den einen Moment, der zählt. Wenn du das schaffst, dann wird deine Kurzgeschichte genau das: kurz, klar – und auf den Punkt.
Der Schluss: offen oder mit Pointe
Am Ende einer Kurzgeschichte zählt nicht, dass alles erklärt ist. Wichtiger ist, was hängen bleibt. Der Schluss ist wie der letzte Ton eines Liedes: leise verklingend oder laut und überraschend. Beides ist erlaubt. Manchmal schließt sich der Kreis.
Manchmal bleibt die Tür einen Spalt offen.
Was gut funktioniert: ein Satz, der nachhallt. Ein Moment, der beim Lesen fast übersehen wird und sich dann langsam entfaltet. Ein Bild, das bleibt oder ein Gedanke, der weiterführt.
Viele Kurzgeschichten enden mit einer Pointe, einer Wendung, die niemand erwartet hat. Aber genauso wirkungsvoll kann ein offenes Ende sein, das zum Nachdenken anregt. Beides ist erlaubt, weil es nachwirkt. Wichtig ist nur: Deine Geschichte endet nicht, weil du auf die Zeichengrenze gestoßen bist, sondern weil genau dieser Moment der richtige ist, um loszulassen. Und so ist manchmal das stärkste Ende eines, das im Kopf der Leser:innen weitergeschrieben wird.
Häufige Fragen beim Schreiben einer Kurzgeschichte
Die folgende Auflistung enthält nicht alle möglichen Fragen, aber die fünf am häufigsten in meinen Kursen für KREatives Schreiben gestellten:
Wie viele Seiten hat eine Kurzgeschichte?
Eine Kurzgeschichte hat zwischen einer und zehn Normseiten, alles darüber hinaus gilt schon als Erzählung. Ideal sind fünf bis sechs Seiten, die ungefähr einen Umfang von ca. 9000 Zeichen haben. Egal, für welchen Umfang du dich entscheidest: Sie ist eine kraftvolle, kurze Geschichte, die wirkt.
Welche Figuren braucht eine Kurzgeschichte?
Eine Kurzgeschichte lebt von einem einzelnen Konflikt. Dieser kann sich mit nur einer Figur darstellen, maximal zwei, die den Disput miteinander austragen. Die unterschiedliche Ziele oder Meinungen sind. Dabei ist egal, ob sie sich kennen oder du eine Zufallsbegegnung schilderst.
Welche Erzählperspektive ist geeignet?
Da auf das Vorher und Nachher kein Augenmerk gelegt wird in einer Kurzgeschichte, eignet sich am besten die personale Erzählperspektive. Sie lässt zu, dass deine Leserschaft quasi unmittelbar das Geschehen und die Gedankenwelt deiner Figuren miterlebt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dafür intensiv sie.
Kann ich eine Kurzgeschichte veröffentlichen?
Gerade Schreibanfänger:innen können die Resonanz ihrer Texte ausprobieren, indem sie an einem oder mehreren Wettbewerben teilnehmen. Im Internet werben viele Verlage und Herausgeber von Anthologien um Autor:innen zu den vielfältigsten Themen. Einmal mit einer Kurzgeschichte angenommen werden, ist leichter als mancher denken mag.
Natürlich müssen die Ausschreibungskriterien befolgt werden, um ausgewählt zu werden. Doch die Freude über ein „Ihre Kurzgeschichte ist dabei!“ wiegt die Mühe in jedem Fall auf. Du kannst sie genausogut auf deinem Blog teilen oder bewahrst sie einfach auf für dich als Zeichen: Ich hab’s gemacht. Ich hab geschrieben.
Kurzgeschichte oder direkt einen Roman?
Eine Kurzgeschichte ist ideal, um sich auszuprobieren. Viele Autor:innen entdecken beim Kurzgeschichten-Schreiben die Lust auf mehr. Unterschiedliche Stimmungen einfangen, eine Figur oder Szene entwickeln, die sogar später zu einem Roman ausgebaut werden könnte, ganz nach dem Motto: „Aus einem Funken wird ein Feuer.“ Auch gibt es viele Bücher, die streng genommen aus vielen einzelnen Kurzgeschichten bestehen. Mein erstes Buch Zweihundertneunzehn Quadratmeter Glück! ist übrigens genau so eines 🙂
Tipps fürs Schreiben deiner eigenen Kurzgeschichte
Ob du in der Ich-Form erzählst, aus der Sicht der Hauptfigur oder aus einer beobachtenden Perspektive: All das bestimmst du. In jedem Fall empfehle ich, mit deiner Idee direkt in die Umsetzung zu gehen. Sprich, nicht erst lange überlegen und konstruieren, sondern den ersten Satz, gerade so, wie er kommt, loszulegen.
Wie bei jedem Text darf der erste Entwurf zunächst ungeordnet, chaotisch, sprachlich unausgewogen sein. Das machts nichts, denn du hast Zeit, ihn später zu überarbeiten. Wichtig ist zunächst, alle Ideen festzuhalten, sie zu skizzieren und erst beim zweiten Mal durchlesen durch Ergänzungen, Streichungen oder Umformulierungen „zu schleifen“.
Überlege dir, ob du als Leser:in deines Textes weiterlesen wolltest, wenn deine kurze Einleitung steht. Macht sie neugierig? Birgt sie ein Geheimnis oder verrät sie schon viel zu viel?
Wie treibt die Geschichte weiter, welche Überraschung hat sie und wie oder wer leitet sie ein? Welches Ende hält sie für mich bereit, bringt sie mich zum Lachen oder lässt sie mich nach dem letzten Wort bestürzt zurück?
Behalte stets im Hinterkopf: Du bestimmst, wie es mir als deiner Leserin geht! Du hast die Macht, deine Worte so zu wählen, dass sie eine Wirkung bei mir hinterlassen. Du alleine legst die Grundlage für meine Entscheidung, mehr von dir lesen zu wollen.
Warum Kurzgeschichten ideal zum Üben sind
Kurzgeschichten sind kompakt. Sie lassen sich gut überarbeiten und liefern dir schnell ein Erfolgserlebnis. Vor allem eignen sie sich hervorragend für eine Rückmeldung, weil der Text überschaubar bleibt. Gerade beim Einstieg ins KREative Schreiben ist das unglaublich hilfreich. So kannst du verschiedene Stile, Figuren oder Themen ausprobieren, ohne dich gleich an ein langes Projekt zu binden.
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Wenn du magst, schick mir deine Kurzgeschichte! Ich freue mich darauf, sie zu lesen. Und wenn du regelmäßig Schreibimpulse bekommen willst, dann trag dich einfach in meinen Newsletter ein. Vielleicht entsteht daraus ja schon bald deine nächste Geschichte.
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Gabi Kremeskötter
Liebe, die durch Worte strahlt
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Liebe Gabi
Vielen Dank für deinen sehr praxisnahen Artikel und die wertvollen Impulse. Ich finde den Artikel sehr gelungen und hilfreich. Es zeigt auf, dass es sich lohnt, sich vor dem Schreiben ein paar Gedanken zu machen, um dann motiviert drauf los zu schreiben.
Liebe Grüsse
Nicole
Liebe Nicole,
danke für deine Rückmeldung, sie zeigt mir, dass ich mit meinem Blog auf dem richtigen Weg bin,
freue mich, wenn ich dich zu einer Kurzgeschichte motivieren konnte!
Viel Spaß beim Schreiben!
Gruß Gabi
Liebe Gabi,
wie immer ein wertvoller Artikel mit vielen Tipps von Dir. Kurzgeschichten schreiben ist sicher eine gute Übung.
Leider konnte ich mich mit Kurzgeschichten nie so recht anfreunden. Auch als Leserin nicht. Ich habe gerne einen weit gespannten Bogen und möchte möglichst viel von Charakteren und Geschehnissen erfahren. Ich bleibe nach einer Kurzgeschichte meist irgendwie unbefriedigt zurück. Deswegen habe ich sie für mich auch als Autorin nie so recht angefasst. Mir ist dann irgendwie die Form der Reportage näher. Aber vielleicht nehm ich mir mal Deine Empfehlungen und schreib mal eine .
LG Britta
Liebe Britta,
ja, genau, Übung ist wichtig, vor allem das Loslassen vom Vorher und Nachher.
Der direkte Sprung ins Geschehen ist das, was Kurzgeschichten so reizvoll macht.
Sie eignen sich perfekt als Einstieg – oder kurzes Notat einer Begebenheit.
Diese Texte gesammelt, um manches ergänzt, können durchaus einen Roman ergeben 🙂
Schreib mal eine!
Viele Grüße
Gabi