Last Updated on 18. September 2025 by Gabi Kremeskötter
Ob Liebesroman, Krimi oder Familiengeschichte: Emotionen sind der Herzschlag jeder Erzählung. Doch wie kannst du Gefühle so schreiben, dass sie nicht kitschig, sondern echt wirken? Dass Leser:innen nicht nur verstehen, was deine Figur fühlt, sondern es am eigenen Leib spüren? In meinem Alltag als Dozentin für KREatives Schreiben, vor allem aber auch als Lektorin und Korrektorin vermittle ich genau das in meiner Schreibbegleitung. In diesem Beitrag zeige ich dir fünf erprobte Techniken, mit Beispielen, Tipps und Schreibübungen. Damit du Emotionen ab sofort so inszenierst und schreibst, dass sie deine Geschichte authentisch, erlebbar und spannend machen 🙂
Perspektivisches Eintauchen: Erleben statt Erzählen
Mein Tipp Nummer eins: Verzichte auf pauschale Gefühlsbeschreibungen wie „Sie war zuversichtlich“ oder „traurig“, sondern versetze dich stattdessen ganz in deine Figur hinein.
Zeige, was sie denkt, sieht, hört oder körperlich empfindet. Diese Technik heißt auch „Show, don´t tell“, ich habe ihr bereits einen eigenen Blogartikel gewidmet.
Beispiele für Erleben statt Erzählen
Gefühl Zuversicht: „Die Sonne lag warm auf ihrem Gesicht, und in ihrem Kopf formte sich ein Gedanke, leise und hell wie das erste Licht nach einem Gewitter: Vielleicht wird alles gut.
Gefühl Traurigkeit: „Sie hielt die Tasse mit beiden Händen fest umklammert. Der Tee war längst kalt, aber das Zittern ihrer Finger hörte nicht auf.“
Tipp: Wir alle kennen diese Situationen, wo Gefühle uns innerlich und äußerlich durchschütteln. Zuversicht und Hoffnung, Traurigkeit und Sorgen vermittelst du sehr anschaulich durch das Beschreiben der Auswirkungen von Gefühlen! So fühlt der Leser mit, weil er gleiches von sich kennt, anstatt nur informiert zu werden. Die Figur wird lebendig, die Emotion spürbar.
Schreibübung für Erleben statt Erzählen
Schreibe eine Szene in 5 bis 7 Sätzen, in der eine Figur ein starkes Gefühl erlebt, ohne das Gefühl als solches beim Namen zu nennen. Nutze ausschließlich Wahrnehmung, Gedanken und Körperempfinden.
Körpersprache als Gefühlsträger
Emotionen spiegeln sich im Körper. Nutze Gestik, Mimik und Bewegungen, um Gefühle auszudrücken, subtil und individuell, vor allem unverwechselbar und eindeutig.
Beispiel für Körpersprache
Gefühl Verliebtheit: „Er wippte auf den Fußballen, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Immer wieder huschte sein Blick zur Tür – und jedes Mal zuckte ein Lächeln über sein Gesicht.“
Gefühl Wut: „Er presste die Lippen aufeinander, seine Schultern zogen sich unmerklich zusammen.“
Tipp: Vermeide Standardformulierungen wie „Er war verliebt“ oder „Tränen liefen über ihr Gesicht“. Entwickle lieber persönliche Reaktionen für jede Figur. Verliebtheit äußert sich bei jedem anders, auch Tränen mögen bei der einen Ausdruck von Wut, bei der anderen Person jedoch Schmerz oder Trauer ausdrücken. Körpersprache zeigt Spannung, Vorfreude und inneres Leuchten, ganz ohne Erklärung.
Indem du deine Figuren- und Charakter-Entwicklung intensiv betreibst, wirst du auch im Beschreiben der jeweiligen Gefühle Unterschiede machen können. Davon lebt deine Geschichte und verliert sich nicht im Einheitsbrei langweiliger Formulierungen.
Schreibübung für Körpersprache
Wähle ein Gefühl (z. B. Scham, Wut, Verliebtheit) und schreibe eine Mini-Szene, in der das Gefühl nur über Körpersprache sichtbar wird, ohne innere Gedanken oder Erklärungen mitzuteilen. Du wirst mehr Worte brauchen, dafür werden deine Schilderungen aber auch tiefer liegende Schichten deiner Leserschaft berühren.
Bildhafte Sprache: Gefühle durch Bilder begreifbar machen
Metaphern und Vergleiche sind mächtige Werkzeuge, um Emotionen eindrucksvoll zu transportieren. Besonders originelle und sinnliche Bilder bleiben im Gedächtnis, weil wir Lesenden auch visuell angeregt werden und unsere eigenen Emotionen mit den von dir geschaffenen verknüpfen.
Beispiel für bildhafte Sprache
Gefühl Dankbarkeit: „Ein warmer Strom floss durch sie, als hätte jemand mitten im Winter die Fenster geöffnet und den Frühling hereingelassen.“
Gefühl Angst: „Die Angst kroch ihr den Rücken hoch wie eine kalte Eidechse.“
Tipp: Solche Bilder sprechen nicht nur den Verstand, sondern auch das Bauchgefühl an. Sie machen Texte poetisch und intensiv, weil sie in uns ähnliche Vorstellungen, Regungen und Gefühle anregen. Wir fühlen die Dankbarkeit und Angst, weil die Vorstellung von Frühling oder das Bild der Eidechse uns ebenfalls dankbar machen oder eine Gänsehaut bescheren würde. Die Metapher „Frühling im Winter“ überträgt zudem die innere Bewegung auf eine sinnliche, bildhafte Ebene.
Schreibübung für bildhafte Sprache
Wähle drei Gefühle (z. B. Hoffnung, Einsamkeit, Neid) und finde für jedes eine eigene Metapher oder einen bildhaften Vergleich. Anschließend kannst du die stärkste in einen kurzen Text einbauen.
Innerer Konflikt: Mehrdimensional statt eindimensional
Emotionen gewinnen an Tiefe, wenn sie nicht eindeutig, sondern widersprüchlich sind. Zeige Zerrissenheit, Spannungen oder Momente, in denen Gefühl und Handlung einander widersprechen. Das macht deine Leser:innen neugierig, weil sie wissen wollen, welche Interpretation wohl richtig ist. Sie werden in die Szene hineingesogen und fiebern mit.
Beispiel für inhaltlichen Widerspruch
Gefühl Freude mit Vorsicht: „Sie lachte. Dieses klare, freie Lachen, das so lange verstummt gewesen war. Doch noch während der Klang in der Luft vibrierte, wartete sie darauf, dass etwas ihn wieder ersticken würde.“
Gefühl Sorge: „Sie lächelte, obwohl ihr Magen sich zusammenzog. Würde er diesmal bleiben?“
Tipp: Solche inneren Spannungen ziehen Leser:innen emotional hinein, weil sie menschlich und realistisch wirken. Womöglich erinnern sie sich an eigene ähnliche Erlebnisse und sind neugierig auf die Lösung der Situation. Die Spannung zwischen Freude, Angst und Sorge macht die Emotion vielschichtig und berührend.
Schreibübung für mehrdimensional
Lass eine Figur zwei gegensätzliche Gefühle gleichzeitig erleben (z. B. Freude und Schuld). Schreibe eine Szene mit innerem Widerspruch, der sichtbar wird durch Gedanken, Körpersprache und Verhalten der Person. Gehe dafür durch deine eigenen Erinnerungen, je authentischer du erzählst, desto nachvollziehbarer wird der Gegensatz. Gegensätze erzeugen Spannung!
Gefühlseinstieg: Emotionaler Sog von Anfang an
Beginne wichtige Szenen mit einem emotionalen Impuls: einer Sinneswahrnehmung, einer inneren Regung oder einer überraschenden Reaktion. Dieser erste und/oder zweite Satz eines jeden Kapitels nennt sich auch narrativer Haken.
Beispiel für einen gefühlsbetonten narrativen Haken
Gefühl Geborgenheit: „Der Geruch von frisch gebackenem Brot füllte den Flur, schwer, süß, vertraut. Sie atmete tief ein, als würde sie sich selbst wiederfinden.“
Gefühl Sehnsucht: „Der Geruch von Waschmittel ließ ihr Herz schneller schlagen. Wie lange war es her, dass sie seine Jacke in der Hand gehalten hatte?“
Tipp: Diese Art Einstieg erzeugt sofort emotionale Nähe, noch bevor Handlung oder Dialog einsetzen. Der angedeutete Geruch verfängt sofort als Duft-Erinnerung in deiner Nase, ohne dass er tatsächlich in der Luft, die du atmest, existiert. Du stehst quasi neben der Protagonistin und spürst ihre Erregung, als wäre sie deine eigene. Ein sinnlicher Einstieg, der sofort Nähe und emotionale Sicherheit vermittelt!
Schreibübung für einen Gefühlseinstieg
Starte eine neue Szene mit einem sinnlichen Detail (z. B. Duft, Geräusch, Temperatur oder Geschmack), das eine Stimmung erzeugt. Schreibe von dort weiter: Wo führt dich dieses Gefühl hin?
Fazit: Emotion ist kein Zusatz, sie ist der Kern
Leser:innen erinnern sich nicht nur an Handlung oder Setting einer Geschichte, sondern vor allem an das Gefühl, das dein Text bei ihnen ausgelöst hat. Mit diesen fünf Techniken, umgesetzt in deine eigenen Szenen, stärkst du genau das: die emotionale Bindung zwischen Figur, Text und deinem Publikum.
Darum: Schreibe nicht über Emotionen – lass sie leben!
Grübelst und raufst du dir die Haare, ob dein Text verfängt? Möchtest du sichergehen, dass der rote Faden deiner Geschichte spannend verläuft? Ich biete Schreibbegleitung und Lektorat an. Nimm gerne mit mir Kontakt auf und lerne meine Arbeitsweise kennen. Je nachdem in welcher Richtung du Unterstützung brauchst, nehmen wir uns Zeit füreinander und bringen dein Manuskript nach vorne 🙂
Mein Angebot für dich: Textharmonie – Feinschliff für deine Worte
Ich perfektioniere deine Ideen und Texte mit meinem professionellen Korrektorat und Lektorat!
Lesen wir uns? Ich freue mich darauf!
Viele Grüße Gabi

Gabi Kremeskötter
Liebe, die durch Worte strahlt
Freie Rede – Schreibworkshops – Lektorat
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Liebe Gabi,
das sind sehr schöne, klare Übungen, die Du da mit gibst. Ich versuche, mich auch immer an „Show-Don’t tell“ zu orientieren, werde jetzt die nächsten Tage gerne Deine Übungen dazu machen, um das zu verfestigen und selbstverständlicher werden zu lassen. Ich versuche, das auch immer mehr mit in den Blog zu nehmen, dort verfällt man ja auch gerne eher in das Beschreiben als ins Zeigen.
Danke Dir dafür und liebe Grüße
Britta
Liebe Britta,
da freue ich mich, dass ich dir ein paar Übungen an die Hand geben konnte mit meinem Artikel.
Auf eine gelingende Umsetzung!
Wir lesen uns,
herzlichst Gabi
Hallo Gabi, wie gut Du verständlich gemacht hast, dass Emotionen ihren Ausdruck im Körper finden. Wer so schreibt, der findet auch für sich selbst einen besseren Zugang zum Körper und zu Emotionen. Emotionen wollen gefühlt und gespürt und nicht nur benannt werden. Liebe Grüße, Sabina
Liebe Sabina,
herzlichen Dank für deine Zeilen, anhand deiner Mail-Adresse sehe ich, dass wir beide in Sachen Emotionen unterwegs sind.
Gefühle bewusst im eigenen Körper wahrzunehmen, ist ganz bestimmt ein guter Weg, sich selbst besser zu verstehen.
Liebe Grüße
Gabi