Ja, tatsächlich, ich mag Stress. Nutze ihn als Antrieb, mich zu bewegen. Zumal der Stress, den ich ab und zu verspüre, zu 90 Prozent selbsterzeugt ist. Birgit Buchmayer fragt mit ihrer Blogparade „Achtsam entspannt; das ist meine Methode, Stress abzubauen“ danach, wie ich mit Stress umgehe. Ihren Impuls nutze ich für den folgenden Blogbeitrag, und erzähle von meiner Methode der kleinen Schritte. Denn darum verleiht Stress mir Flügel: Weil mir dank der kleinen Schritte so viel gelingt, was vormals riesengroß und kaum zu bewältigen schien.
Meine Definition von Stress
Lese ich die Definition von Stress bei Wikipedia nach, so resultiert Stress (sehr gekürzt zusammengefasst) aus Beanspruchungen und Belastungen des menschlichen Körpers und Geistes durch innere und äußere Reize über einen kürzeren oder längeren Zeitraum. Dabei wird in positiven und negativen Stress unterschieden. Soweit so gut.
Ich selbst definiere Stress aus meiner Erfahrung heraus als eine Summe nötiger Dinge, die ich zu tun gedenke. Die ich mir vorgenommen habe, in einem bestimmten Zeitraum zu erledigen. Egal wie groß die Aufgabe am Anfang auch scheint, am Ende gelingt sie durch Anwendung meiner Methode. Doch ganz langsam von Anfang an. Mit welchem Stress habe ich mich beispielhaft bereits auseinandergesetzt?
Bewältigte Stresssituationen
In der Rückschau möchte ich einige wenige Stresszustände nennen, aus denen ich allesamt gestärkt und mit einem wirklich guten Gefühl herausgekommen bin:
- Als ich 2004 zum ersten Mal ein Haus kaufte, das stark renovierungsbedürftig war, stand ich unter finanziellem, zeitlichen und emotionalem Druck.
- Als ich 2014 ein zweites Mal solch ein Renovierungsprojekt anging, hatte ich dazu gelernt und der zeitliche Druck war prägend. Ich habe übrigens ein Buch über diese Zeit geschrieben, wenn du noch Lesestoff für diesen Sommer suchst, lege ich dir mein Projekttagebuch „Zweihundertneunzehn Quadratmeter Glück!“ ans Herz 🙂
- Als ich mir 2010 vornahm, eine Marathonläuferin zu werden, packte mich vor allem der sportliche Ehrgeiz. Mein eiserner Wille und die Ausdauer, diese lange Distanz zum ersten Mal in meinem Leben zu meistern. 2011 und 2013 lief ich in Berlin und Köln ins Ziel.
- In meinem Berufsleben als technisch-kaufmännische Angestellte wachsen mir alljährlich in den ersten vier Monaten Berge an zu bearbeitenden Anfragen und Aufträgen entgegen, die kaum, dass ich eine Kuppe abgetragen habe, nachwachsen.
- Seit 2020 muss ich für meine Nebenberuflichkeit (genau, mein Blog rund um meine Themen zeigt nur diese!) die Freizeitlücken nutzen, die sich nach meinem Vollzeitjob auftun. Das ist oftmals knifflig und lässt nach der Arbeit einen manchmal ebenso langen „Nach-der-Arbeit-Arbeitstag“ entstehen.
- Und echte Freizeit möchte ich ja auch noch erleben, so ganz ohne Arbeit entspannen, Freunde treffen und vor allem für mich gut sorgen. Könnte ich bitte irgendwo meine Tage um 3 Stunden täglich verlängern lassen?
Meine Methode, mit Stresssituationen umzugehen
Alle oben genannten Stresssituationen habe ich letzten Endes mit nur einer Methode bewältigt: Ich bin kleine Schritte gegangen. Habe den Weg zum großen Ziel am Ende zerstückelt. Aufgeschlüsselt, eingeteilt, in kleine Abschnitte aufgedröselt, durchdacht und durchstrukturiert. Ich habe irgendwann einmal von einem mir durchaus wohlwollend zugeneigten Freund den Spitznamen „Frau Excel“ bekommen.
Dieses strukturierte, kalkulatorische Übersichtsinstrument hat mir in jeder einzelnen Situation geholfen, nicht vom großen Ziel erdrückt und verschluckt zu werden. Der Stressfaktor wurde so viel kleiner für mich und ich spürte stattdessen die täglichen Highs, wenn ich einen Haken hinter mein Etappenziel machen konnte.
Beispiele für meine Methode der kleinen Schritte:
Im Einzelnen sahen meine kleinen Schritte für mich so aus:
Hausrenovierungen
2004 machte ich eine Bedarfsrechnung auf, in die Kredit- und Unterhaltszahlungen einflossen. Ich erstellte ein Haushaltsbuch und hatte einen Terminplan, wann in jedem Zimmer was fertig sein müsste, damit es im Großen weiterginge. Den emotionalen Druck nahmen mir Freunde und Familie, die allesamt mit anpackten.
Auch 2014 lagen meinem neuen Renovierungsprojekt ähnliche Berechnungen und Listen zugrunde, ich räumte mir mehr Zeit für alle Dinge ein, fühlte mich sicherer, denn hatte ja bereits das Gelingen vom ersten Mal (in viel kürzerer Zeit) in meinem Erfahrungsschatz.
Marathontraining
Für meine Marathonambitionen nutzte ich einen Trainingsplan, der mir drei Monate lang jede einzelne Trainingseinheit fein säuberlich vorgab. Ich vertraute auf die sportlich-wissenschaftlichen Empfehlungen und anstatt die Angst vor 42,195 km hochzuhalten, war jeder erfolgreiche Trainingslauf ein wichtiger stressreduzierender Faktor.
Hauptberuf
Als technisch-kaufmännische Angestellte liegt mir die Organisation. Ich arbeite schon ewig mit farbigen Prospekthüllen. Rot für Angebote, Blau für Aufträge, Gelb für Anfragen bei Lieferanten und Grün für Reklamationen. Transparent werden sonstige Dinge eingehüllt. Jeden Morgen sortiere ich neu nach Priorität, mein Ziel von zehn leeren Hüllen pro Tag lässt auch den noch so hohen Berg überschaubar erscheinen. Ich weiß, was ich leisten kann und selbst in Hochzeiten komme ich fast ohne Überstunden aus.
Nebenberuflichkeit
In meiner Nebenberuflichkeit gehören mir die Nachmittage nach 15 Uhr. Ich starte mit meinem Feierabendkaffee und auch hier habe ich Hüllen für meine einzelnen Projekte. Termine, die ich zugesagt habe, halte ich damit im Blick und auch hier ändere ich die Prioritäten von Fall zu Fall. Aktuell ist mein erster Online-Kurs mit vorgeschaltetem Webinar auf Platz eins, doch vergesse ich dabei nicht die Kür: so wie dieser Blogartikel hier zum Beispiel, denn Schreiben macht mir einfach Freude 🙂
Freizeit
Meine Kinder treffen oder Freunde, schwimmen gehen und neue Wanderrouten ausprobieren: damit bewege ich mich weg vom Schreibtisch, genieße Zugehörigkeit oder die Einsamkeit und Ruhe in der Natur. Meine Freizeit gehört ganz bewusst nur mir.
Ich entscheide, was ich wann tue, ganz bewusst: Ist heute Lesetag – das neue Buch lockt mich doch sehr – oder doch lieber raus in die frische Luft? Oft ist die Entscheidung ein Entweder-oder für mich, manchmal glückt mir auch hier die Einteilung in kleine Happen. Immer jedoch muss es mir dabei gut gehen, mir und niemandem anders. Morgens zwei Stunden schreiben, danach eine Wanderung und abends ein Bad mit Lektüre zur Entspannung, herrlich 🙂
Warum Stress mir Flügel verleiht
Mir geht es gut mit meiner Methode der kleinen Schritte, wie ich bereits im Titel schrieb: Stress verleiht mir Flügel. Ich nutze die positive Energie eines jeden Hakens, jeder erledigten Teilaufgabe und meinen kleinen Zwischenschritten. Ich feiere jeden veröffentlichten Blogartikel genauso wie ein geschriebenes Angebot; freue mich über den wochenlang erfolgten Aufbau meiner Ausdauer beim Schwimmen ebenso wie meine inzwischen wieder möglichen mehr als 10 Wanderkilometer. Selbst in meinem Haushalt putze ich nie alle Fenster auf einmal, sondern mache die einzelnen Etagen nacheinander an mehreren Tagen, ebenso das Staubsaugen, heute war meine Arbeitsetage dran 🙂
Und wenn es doch einmal so richtig dicke kommt, erinnere ich mich an all die Male, wo ich vor einem ähnlichen Berg stand und letzten Endes in kleinen Schritten den Gipfel bewältigte. Die Bestätigung daraus lässt mich auch große Dinge starten, meinen Flügeln vertrauen und losfliegen. Ich weiß um meine Erfahrung „Ähnliches hast du schon einmal geschafft“, also los gehts 🙂
Darum hier und heute auch das obige Beitragsfoto, das mich bei der Bergwanderung mit meiner Schwester und meinen Kindern 2021 von Garmisch auf die Zugspitze zeigt. Auch die war nur in mehreren Tagesetappen „Schritt für Schritt für Schritt“ möglich.

Gabi Kremeskötter
Liebe, die durch Worte strahlt
Freie Rede – Schreibworkshops – Lektorat
Liebe Gabi,
ein herzliches Dankeschön für deinen Artikel, der mich begeistert und zum Nachdenken gebracht hat.
„Eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit dem ersten Schritt“ , so sagte schon Laotse.
Ich finde deine Strategie wunderbar. Du ziehst aus deinem vermeintlichen Stess so viel positive Energie und kommst so in die Umsetzung anstatt in die Verzweiflung und dann ist mit kleinen Schritten ganz schnell alles geschafft.
Den Trick oder Tipp mit den verschiedenen farbigen Umschlägen nehme ich für mich mal mit.
Ganz liebe Grüße, Birgit
Liebe Birgit,
ich freue mich, wenn du mit meiner Methode etwas anfangen kannst und lach, ja die farbigen Hüllen helfen mir oft, den Überblick zu behalten.
Auch das ein Teil meiner kleinen Schritte 🙂
Viele Grüße und ich wünsche dir viel Erfolg mit deiner Blogparade und ganz vielen weiteren Tipps und Tricks rund um Stressabbau.
Gabi
Liebe Gabi,
da sehe ich dich doch direkt vor mir als eine die viele Listen schreibt und sehr gerne Häkchen macht. Ich auch. Wir scheinen uns ähnlicher zu sein, als wir denken. 🙂 (dickes Lachemotie) Vielleicht sollten wir uns deshalb auch mal persönlich treffen. Was meinst du?
Bezüglich der Listen hat mein Mann mir mal gesagt, ich soll mich nicht überLISTen. Fand ich gut. Hab’s mir gemerkt.
Liebe Grüße
Edith
Liebe Edith,
lach, ja die Struktur von Listen ist mir irgendwie irgendwann vom Kopf ins Blut übergegangen, ich mag sie sehr und die Haken:-)
Mal treffen, sehr gern, leider ist Lüneburg beinahe eine Tagesreise entfernt von der Mosel, aber weiß, wer weiß 🙂
Hab einen schönen Sommer!
Gruß Gabi