The Content Society von Judith Peters füllt das vermeintliche Sommerloch mit einer Blogparade. Viele Bloggerinnen und Blogger haben daher ein eigenes Thema ausgelobt, zu dem sich beteiligen kann, wer mag. So auch Anita Griebl, die in ihrem Aufruf „Aufgebraust: Welche Strategie verwendest du, um deine Wut abzubauen?“ nachfragt, wie ich mit Wut umgehe. Wut und ich: echt jetzt? Wann bin ich zuletzt so richtig wütend gewesen und warum? Wie wurde ich sie wieder los? Diese Fragen haben mich direkt angesprungen und darum starte ich den Blogparaden-Sommer direkt mit diesem Artikel.
Übrigens: Mein eigener Aufruf ist ebenfalls schon online gegangen. Erzähl mir von deinem aktuellen Schreibprojekt:-)
Die Wut, meine Strategie und ich: Bericht aus aktuellem Anlass
Die Wut und ich pflegen ein gewachsenes Verhältnis, so ja bereits meine Unterschrift unter meinem Beitragsbild. Ich habe sie im Griff. Meistens. Dachte ich. Bis vorgestern. Da ist sie mit mir nach wirklich längerer Zeit einmal wieder mit mir durchgegangen. Der Grund: Ungerechtigkeit, Dummheit und Lüge. Das sind bei mir die Hauptauslöser, dass ich meine Beherrschung verliere. Ich hab mich im Griff, bin eher abwartend und beobachtend, vom Prinzip her durchaus menschenfreundlich. Doch am Sonntag wurde ich durch äußeren Reiz in wahrhaftige Nonchalance katapultiert. Und doch half mir letzten Endes auch hier die Umsetzung meiner Strategie, wenn ich der Wut begegne.
Das Setting
Ich habe meinem besten Kumpel beim Umzug geholfen. Weil ich nicht die Stärkste bin, die vielen Kisten zu schwer, die Treppen runter und hoch zu viele, bot ich daher an, einen ganz wichtigen Part zu übernehmen: seine alte Wohnung für die Übergabe sauberzumachen. Staub saugen, Fenster putzen, Boden wischen, Küche räumen.
Einen Sonntag lang im Obergeschoss und letzten Samstag Treppen und Erdgeschoss. Die Übergabebedingung lautete: untapeziert, besenrein. Mein Kumpel meinte, ich müsste mir gar nicht so viel Arbeit machen, als er sah, dass ich hartnäckige Flecken auf dem Boden bearbeitete bzw. alles komplett durch wischte. Aber ich fand, lieber sauberer als nötig, dann geht bei der Übergabe alles glatt.
Sonntagabend beim Treffen mit den Vermietern wollte ich gern dabei sein, zumal es wohl noch einigen Redebedarf bezüglich anderer Dinge gab. Besser in gleicher Personenzahl der Vermietpartei gegenübertreten als in Unterzahl, zumal ich den Zustand bei seinem Einzug vor acht Jahren genau kannte, der war damals wirklich desolat: verwohnt, runtergerockt, nikotinbehaftet; alles andere als fein.
Wut steigt auf
Nachdem der Vermieter nicht zugab, der Lackierung der verpeekten (norddeutsch für verschmutzt, dreckig, schmierig) Holzpaneele vor Jahren mündlich zugestimmt zu haben – ich als Zeugin jedoch davon wusste – war die Stimmung bereits etwas aufgeheizt. Eine Einigung konnte nur durch die Bereitschaft neue Farbe zu bezahlten erreicht werden. Ein ungerechter Kompromiss, aber manches Mal muss Frieden erkauft werden. So weit, so gut.
Ich war dennoch innerlich bereits am Kochen, als die Terrassentür geöffnet wurde und die Besichtigung derselben anstand. Sie war gefegt, die Platten wackelten beim Drübergehen, nicht jedoch, weil mein Kumpel das verursacht hatte, sondern der Vermieter diese vor einem Jahr insgesamt 18 Monate lang renoviert hatte.
Die Terrasse besitzt Gefälle, angesichts der Regenfälle und Hitzetage mit viel Staub waren somit getrocknete Staubreste an den Rändern der Platten zu sehen. „Also das geht jetzt aber gar nicht!“, sagte der Vermieter entrüstet. „Würden Sie auf so einer dreckigen Terrasse einziehen wollen? In der Ecke dahinten ist noch nie sauber gemacht worden“, meinte er allen Ernstes.
Meine Strategie gegen Wut
Ich fühlte mich als Putzfee in meiner Ehre angegriffen. Die Terrasse war sauber bis auf die Staubreste, Rückstände der letzten vielleicht fünf Tage „Sommerwetter“. „Das ist nicht wirklich Ihr Ernst, oder? Aber kein Thema, die sind sofort beseitigt“, entgegnete ich laut und wütend und kniete mich hin, um ein paar Blätter aufzuheben. Kochend vor Wut ging ich an ihm vorbei, einen Mülleimer gabs in der Wohnung nicht mehr, also raus zur Haustür und dort ins Feld gebracht.
Anschließend holte ich ein kleines Glas, einen Schwamm fand ich ebenfalls und als ich mit beidem zurück auf die Terrasse kam, war diese leer und ich machte mich ans Schrubben der ersten Plattenreihe. Einmal Wasser drüber, gewischt und sauber. Mangels größerem Gerät wäre die Behandlung der ganzen Fläche eine recht zeitaufwendige Arbeit geworden. Ich ließ aber erst von ihr ab, als mein Kumpel zu mir kam und meinte, das könnte ich lassen, der Vermieter hätte zurückgerudert.
Ich tobte innerlich. Schimpfte halblaut das „A …“-Wort und konnte mich kaum beherrschen. Die Schrubberei wäre ein gutes Ventil gewesen, um mich abzureagieren. Stattdessen schauten wir uns an, schüttelten den Kopf und tauschten ein kurzes Schweigen aus angesichts derartiger Dumm- und Frechheit. Also blieben die Platten, wie sie waren und ich suchte das Weite.
Im wahren Sinne des Wortes. Setzte mich weitab von der Besichtigungsmeute ins Treppenhaus, nahm mein Handy heraus und blendete die Menschen aus. Konzentrierte meine Gedanken auf etwas ganz anderes und schon kehrte Ruhe bei mir ein. Ein, zwei böse Sätze zischten mir noch durch den Kopf, als die Vermieter später an mir vorbeigingen, ich ignorierte sie absichtlich unhöflich. Meine kleine Rache? Eine Mini-Kleine zugegeben, aber diese Nicht-Geste gab mir die Achtung zurück, die die Vermieter zuvor mir und meinem Kumpel verweigert hatten.
Meine Erkenntnis aus diesem Wut-Beispiel
- Ich werde nicht ganz so schnell wütend, habe eine gute Kontrolle über mich und weiß mich zu beherrschen. Banale Kleinigkeiten schlucke ich runter, wenn sie einfach nicht zu ändern sind.
- Wenn ich wütend werde, dann richtig. Das bekannte HB-Männchen ist mein Zwillingsbruder!
- Ich werde laut, wenn ich wütend bin, manchmal rinnen sogar Tränen. Hauptauslöser sind Ungerechtigkeit, Dummheit und Lüge.
- Um Wut loszuwerden, muss ich aktiv werden. Irgendetwas tun, um meine Energie in andere Kanäle zu leiten.
- Am besten hilft mir weggehen, mich aus der Situation herausziehen, den Raum verlassen und mich in Ruhe wiederfinden. Buchstäblich brauche ich ein stilles Umfeld, freie Luft, einen unbelasteten Raum ganz für mich allein, um wieder runterzukommen.
- Austausch mit Gleichgesinnten, die die Wutsituation miterlebten, hilft mir, meine Reaktion als richtig und nicht „drüber“ einzuordnen. Ohne Grund werde ich nicht wütend.
- Trifft mich anderer Leute Wut, ist meine Strategie übrigens inzwischen die Gleiche: Raus aus der Situation, weggehen, notfalls laufen, die Flucht ergreifen und keinesfalls aufbegehren. Das tat ich früher einmal und ich fand mich in der anderen Ecke des Raumes wieder.
Was Wut für mich bedeutet
Ich brauche Wut. Ich lebe Wut. Ich schätze Wut. Nicht die, die sich gewalttätig gegen andere richtet oder unbegründet ist. Sehr wohl jedoch jene, die mir anzeigt, dass gerade etwas spürbar falsch läuft. Dass etwas nicht stimmt, und zwar eindeutig nicht stimmt. Wo die Ungerechtigkeit zum Himmel stinkt, Unwahrheiten erzählt werden und keine Einsicht herrscht. Wo mutwillig ignorantes Verhalten andere schädigt und Grenzen überschreitet. Immer dann bin ich froh über meine Wut, denn sie zeigt mir, wo „Schluss ist mit lustig“ oder freundlich sein. Das bin ich nämlich im Kern meiner Persönlichkeit 🙂
Danke, Anita, für deinen Impuls, mir schreibend über meine Wut und die Strategien, mit ihr umzugehen, klar zu werden.
Viele Grüße Gabi.

Gabi Kremeskötter
Liebe, die durch Worte strahlt
Freie Rede – Schreibworkshops – Lektorat
Interessant, über deine Wut zu lesen, liebe Gabi. Vor allem, weil wir kürzlich festgestellt haben, dass wir nach Myers-Briggs der gleiche Persönlichkeitstyp sind. Ich hätte nichts zum Wut-Thema bloggen können, weil mir das Wut-Gen fehlt. Ich kann ganz schlecht ausrasten, sondern ziehe mich eher zurück und mache das mit mir selbst aus. Aber das schreibst du ja auch, dass dir der Rückzug und das Rausgehen aus der Situation hilft. Ich werde dann ganz still, obwohl ich mir dann oft wünschte, ich könnte brüllen und mir dadurch Luft verschaffen.
Liebe Grüße
Kerstin
Liebe Kerstin,
danke für deinen Kommentar! Ich habe „mit den Jahren“ zunehmend Beherrschung gelernt, einfach, weil ich selbst ungern mit der Wut anderer konfrontiert werde.
Doch so manches Mal kocht sie einfach hoch und will raus.
Die Vermeidungsstrategie hilft letzten Endes nur dem Wutverursacher, darum denke ich, sie darf raus, damit auch er oder sie merken, was sie anrichten, oder?
Gruß Gabi
Liebe Gabi,
es dauert lange, bis ich wütend werde. Und wenn, dann aus den gleichen Gründen wie Du.
Ich kann das nachvollziehen, dass Du Dich sehr geärgert hast in der beschriebenen Situation. Aber ich reagiere ganz anders, wenn ich wütend werde. Ich werde dann leise. Das wussten schon meine Kinder. Solange sie laut meckert, ist es noch nicht wirklich schlimm….
Ich finde es mutig, dass Du diese Blogparade mitgemacht hast. Ich glaub, ich für mich mag da nicht mit tun. Aber ich denke über Deine Blogparade nach. Das gefällt mir. ( ich hab unter Deinem Blogparaden Aufruf extra noch nicht kommentiert, damit das nachher da nicht so unübersichtlich wird. Das mach ich dann, wenn ich wirklich einen Post dazu geschrieben habe)
Liebe Grüße
Britta
Liebe Britta,
danke für deine Nachricht, mutig? Mmmh, so habe ich das noch gar nicht gesehen, lach …
Ich habe eine große (und recht laute) Familie, womöglich kommt mein „laut Ausbrechen“ daher? Wer weiß …
In jedem Fall freue ich mich auf deinen Blogbeitrag, wenn du dazu kommen solltest 🙂 Der Sommer ist ja noch lang.
Herzliche Grüße zu dir
Gabi
Herzlichen Dank liebe Gabi, für deinen Beitrag zu den Wut-Strategien. Das ist sehr interessant, wie du deine Wutthemen siehst.
Es ist wichtig, nichts zu unterdrücken, denn das ist dann nicht einfach weg und erscheint immer wieder.
Wut nicht zu spüren heißt nicht, dass keine Wut vorhanden ist, oder nicht unterdrückt ist.
Ich freue mich, wenn wir in dieser Blogparade viele solcher Strategien zum Vorschein bringen.
Herzliche Grüße von Anita ❤️🙋🏼♀️
Liebe Anita,
danke für deine Worte, mir hat das Schreiben des Artikels Spaß gemacht und gut getan, auch das ist ja ein Teil von Wutverarbeitung: darüber zu schreiben 🙂
Gruß Gabi