Schon gestern habe ich einen Artikel veröffentlicht, der sich um Adjektive dreht: Wann steht ein Komma zwischen zwei Adjektiven? Da liegt es nahe, dass ich direkt mit ihnen weitermache. Doch heute geht es mir weniger um korrekte Grammatik, vielmehr um Stil und Ausdrucksweise rein inhaltlicher Art. Ich möchte für Adjektive und Verben deren Wirkung im Text beleuchten, denn Schreibende finden sich oft in zwei verschiedenen Lagern wieder: jene, die sehr viele Adjektive benutzen und die anderen, die so gut wie möglich darauf verzichten, weil sie die Vielfalt unserer Verben schätzen 🙂
In meinen Schreibkursen lege ich übrigens großen Wert darauf, dass sich der eigene Schreibstil entwickelt. Dazu gebe ich Tipps wie diesen hier und mache aufmerksam auf das, was womöglich gefühlt und geahnt wird, jedoch noch nicht in Worte gefasst werden konnte. Bald startet ein neuer Online-Kurs – bist du dabei?
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Funktion von Adjektiven
Adjektive sind Eigenschaftswörter, die Substantive näher beschreiben: Der saubere Teller steht im Schrank, ein alter Besen lehnt in der Ecke, der verschnörkelte Türgriff ist abgenutzt. Die neugierige Nachbarin von nebenan nervt, das schummrige Tageslicht kündigt den Abend an, mein gebrauchtes T-Shirt gehört in die Wäsche.
Adjektive teilen somit weitere Informationen und beschreiben Dinge, Menschen, Situationen u. ä. näher. Durch die mit dem Adjektiv ausgewählten Eigenschaften erhalten Personen und Gegenstände dadurch Tiefe, werden lebendig und facettenreicher. Die Leserschaft kann unterschiedliche Charaktere erkennen und zuordnen. Die Gegenstände oder Lebewesen werden damit zu Individuen mit eigener Identität.
Funktion von Verben
Im Gegensatz zu Adjektiven, die durchaus weggelassen werden können, sind Verben unerlässlicher Bestandteil eines Satzes. Ohne Verb kein Geschehen. Verben sind Tuwörter – beschreiben einen Vorgang oder Zustand, eine Handlung. Ohne Verben passiert: nichts, rein gar nichts.
Verben steht daher neben dem Subjekt des Satzes die größte Aufmerksamkeit zu, wenn wir schreiben. Ihre Funktion beim Erzählen ist daher nicht hoch genug einzuordnen, sie haben quasi den Heldenstatus per se inne.
Adjektive sparsam – Verben reichlich
Wer nicht darauf achtet, welche Worte er zum Erzählen nutzt, dem kann schon einmal passieren, zu viele Adjektive zu verwenden. Es scheint leichter, der Situation wohlklingende Worte wie „spannend, unheimlich, anstrengend, lähmend“ zu verpassen. Natürlich versteht die Leserschaft, was ein spannender Film ist, eine unheimliche Nacht, die anstrengende Wanderung, der lähmende Gesundheitszustand.
Bildhafte Sprache, die eindeutig durch eigenen Stil erkennbar wird, jedoch ist das nicht. Um bei den obigen Beispielen zu bleiben, erzeuge ich als Autorin eindrücklichere Bilder durch folgende Formulierungen:
- Der Film erzeugt bei ihr eine Gänsehaut. (-> weil er spannend ist)
- Die Dunkelheit der Nacht kriecht in jede Ecke des Hauses. (-> weil sie unheimlich ist)
- Auf dem Gipfel angekommen, zittern ihr vor Anstrengung die Beine. (-> weil die Wanderung anstrengend ist)
- Sie wäre so gern dabei, doch ihre Beine versagen ihr den Dienst. (-> weil sie Lähmungserscheinungen hat)
Als Autorin bestimme ich, auf welche Weise ich etwas erzähle. Je besser es mir gelingt, die Bilder, die ich in meinem Kopf habe, in der Vorstellung meiner Leserschaft wieder auferstehen zu lassen, umso gekonnter setze ich meine Sprache ein. Eine Zustandsbeschreibung ist gut und schön, doch erst mit der Verwendung von Verben wird sie lebendig, weil sie bewegend ist. Den Leser und die Leserin interessiert mehr, warum etwas schön oder unangenehm ist als die reine Tatsache, dass etwas schön oder unangenehm ist:
Holger ist nervös – beschreibt die Tatsache. Holger tritt von einem Fuß auf den anderen und schaut immer wieder auf die geschlossene Tür – lässt seine Situation bildhaft vor Augen erscheinen.
Das Prinzip, das hinter dieser Bilder erzeugenden Technik steckt, nennt sich übrigens „Show, don´t tell“ und ich habe vor einiger Zeit schon einen eigenen Blogartikel dazu verfasst.
Das richtige Verhältnis: Adjektive und Verben
Um zusammenfassend auf die Adjektive und Verben zurückzukommen – wie findest du das richtige Maß?
Schau dir deinen Text an. Lies ihn dir laut vor. Zähle durch, wie viele Adjektive und Verben du verwendet hast.
Ein Verhältnis von weniger als 1:1 ist perfekt, alles ab 2:1 analysiere noch einmal genau: Hast du einen guten Grund, mehr Adjektive als Verben zu verwenden oder kannst du ihren inhaltlichen Sinn auch anders erzählen? Wenn ja: Streiche die Adjektive! Sie sind für das Verständnis deines Textes nicht nötig.
Wie hat dir mein Artikel gefallen? Hast du deinen eigenen Schreibstil reflektiert und einen Tipp mitnehmen können? Lass mich das gern unten in den Kommentaren wissen 🙂
Wenn du Lust auf mehr hast, schau dich gerne auf meinem Blog um. In den Kategorien Kreatives Schreiben und Korrektorat und Lektorat wirst du sicher weitere interessante Tipps und Artikel finden.
Als Dozentin für Kreatives Schreiben gebe ich übrigens regelmäßig Tagesworkshops oder mehrwöchige Kurse. Wenn du auf dem Laufenden sein möchtest bezüglich Terminen und weiteren Angeboten, registriere dich einfach für meinen Newsletter und ich lande direkt in deinem Postfach – in unregelmäßigen Abständen, nur dann, wenn ich etwas zu vermelden habe 🙂
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Gabi Kremeskötter
Liebe, die durch Worte strahlt
Freie Rede – Schreibworkshops – Lektorat
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