Ehrlichkeit: warum ich ohne sie nicht kann

Veröffentlicht am Kategorisiert in Business, Persönliches
Frau lächelt in die Kamera mit Ausdruck "Tja, ist so!"
Tja, was soll ich sagen, es ist, wie es ist und ich: immer ehrlich :-) Foto Carlotta Ostmann

Mein Blog ist inzwischen so etwas wie mein Spiegelbild geworden. Wer sich hierherklickt und etwas Zeit mitbringt, kann sich durch meine Themen und Angebote lesen, aber auch eine Menge über mich, meine Einstellung und Persönlichkeit erfahren. Ich finde das gut so! Meine Offenheit ist Teil meines Charakters, meine Ehrlichkeit eine klare Entscheidung. Denn ich bestimme, wie ich mich verhalte, habe zu einhundert Prozent die Verantwortung für mein Tun. Und auch wenn Ehrlichkeit oftmals nicht einfach ist, ich mit etwas weniger davon im einen oder anderen Fall „besser weg käme“, kann ich ohne sie nicht sein. Warum das so ist, erläutere ich in diesen Beitrag.

Ehrlichkeit kann weh tun

Wer glaubt, Ehrlichkeit sei einfach, irrt. Eins zu eins sagen, was ich denke, bedarf der Überwindung. Denn natürlich weiß ich, dass Wahrheiten schmerzen können. Dass sie vermögen, Gräben aufzureißen. Geht es nur um sachliche Themen, wie dem Preis für ein Produkt oder die Einschätzung von Erfolgsaussichten, mag mein Gegenüber womöglich noch eine gewisse Distanz zum Gegenstand seiner Frage aufbringen.

Geht die Frage jedoch in den persönlichen, menschlichen Bereich, ist die Kritikfähigkeit oftmals nicht ganz so standfest ausgebildet. Ich weiß das, denn auch bei mir ist das so. Als ich 2022 mit meiner Website online ging, bat ich in einer Facebook-Gruppe andere Freie Redner:innen um Rückmeldung. Und das Urteil war niederschmetternd. Zwar bekam ich einige Likes, aber ein fundierter Kommentar hat mich ganz schön getroffen.

Ich habe einen Tag daran geknabbert. Die Argumente angenommen und mich ab Tag zwei über die Ehrlichkeit gefreut. Denn natürlich hatte die Rednerin recht! Meine Startseite ist zu facettenreich, um gegen reine Hochzeitsredner:innen-Websites anzukommen. Ich vertrete nicht nur EIN Thema, sondern gleich vier. Wer macht sich da die Mühe, das eine vom anderen zu unterscheiden? Die Hochzeitswelt will Schleier und Rosen, Heititei und himmelhoch Jauchzend. Sich nicht erst durchklicken zu der Unterseite, die das in für mich authentischem Rahmen spiegelt.

Und doch habe ich nichts geändert. Mich selbst sortiert und gesammelt. Noch einmal meine Entscheidung hinterfragt, so und nicht anders aufzutreten und wahrgenommen zu werden. Weil das zu mir passt und eben ICH ist. Übrigens finden mich vielleicht wirklich weniger Brautpaare als möglich, doch die, die mich sehen, buchen sehr oft auch. Weil ich authentisch und ehrlich bin. Weil sie genau solch eine Freie Rednerin für ihre Trauung haben wollen!

Wer mich fragt, bekommt eine Antwort

Der einzige Weg, meiner Ehrlichkeit aus dem Weg zu gehen, ist, mich nicht zu fragen. Denn wer mich fragt, bekommt auch eine Antwort. Meine ehrliche Meinung und Einschätzung. Darum halte dich an das Motto: Frage mich nur, wenn du mit der Antwort auch umgehen möchtest!

Willst du Honig um den Mund geschmiert bekommen, bin ich die Falsche. Ich werde dir nur schmeicheln, wenn mich etwas begeistert, ich durchweg positiv beeindruckt bin. Ich nehme jede Frage ernst und beantworte sie daher absolut ehrlich. Denn unter einer Frage verstehe ich genau das: dein echtes Interesse an meiner Einschätzung!

Natürlich habe ich in meinen Leben ein wenig Diplomatie lernen müssen. Ich erinnere mich noch sehr gut an meine Schulzeit, als eine gute Freundin mir ihren neuen Freund vorstellte. Sie war über beide Ohren verliebt und fragte mich, wie ich ihn fände. Bei mir klingelten die Alarmglocken, ich weiß nicht warum, doch er kam mir unehrlich vor, hatte etwas Pfauenhaftes an sich.

Ich ging in meiner Antwort nicht näher darauf ein, meinte nur, dass ich nicht fände, sie würden gut zusammenpassen. Ich war sechzehn und sehr traurig darüber, dass meine Freundin sich erbost abwandte und fast ein halbes Jahr nicht mehr mit mir sprach. Bis er Schluss machte mit ihr und sie mir gegenüber weinend eingestand, ich hätte wohl doch Recht gehabt.

Wie hätte ich besser reagieren können damals? Wäre Diplomatie angebracht gewesen? Wenn ich sie nicht vor den Kopf gestoßen hätte, als sie sich von mir eigentlich Bestätigung gewünscht hatte? Ich hätte sie daraufhin in ihrer Zeit mit ihm weiterbegleiten können. Ich hätte mitbekommen, wie schlecht er sie behandelte, hätte ihr Stütze sein können und womöglich hätte sie selbst die Trennung initiiert?

Hätte, wäre, wenn. Heute in der Rückschau tut mir leid, sie brüskiert zu haben. Dennoch stehe ich zu meiner Antwort und meinem Verhalten, denn ich meinte es GUT mir ihr! Er war mir egal, meine Loyalität galt ihr. Wir sind auch heute noch in Freundschaft verbunden, haben uns seitdem nicht aus den Augen verloren. Schlussendlich war meine Antwort richtig.

Ich gebe ehrliches Feedback

In meinen Schreibkursen gebe ich oft eine Rückmeldung zu den Texten. Auch in meinem Angebot als Lektorin ist eine distanzierte, ehrliche Einschätzung Teil meiner Arbeit. Genau wie damals der Freund meiner Freundin, sind Schreibende meist verliebt in ihre Texte. Sie fließen aus uns heraus, wir betrachten sie als Teil von uns, wir denken uns etwas dabei und wünschen uns, diese Aussage möge Anerkennung finden.

Jeder Text ist besonders, einzigartig und individuell. In jedem steckt eine Saat, die aufgehen kann. Gerade Schreibende mit noch nicht ganz so viel Erfahrung brauchen daher eine ehrliche Rückmeldung zu der Qualität ihres Textes, wollen sie dazulernen und sich entwickeln.

Mit Honig und rosa Schleifchen drum herum gelingt das leider nicht. Fehler erkennen, sie analysieren und aus ihnen zu lernen ist ein Prozeß, den alle Schreibenden durchmachen müssen. Wer mit Schreibtalent gesegnet ist, hat zwar beste Anlagen, doch erst der Feinschliff bringt den Diamanten zum Strahlen!

Positive Verstärkung im Feedback

Wer mit mir zusammenarbeitet, erfährt mein genaues Hinsehen und Hinhören. Ich spüre nach, was darunter liegt, entdecke den Rohdiamanten – um bei dem Bild des Edelsteins von oben zu bleiben. Sorgsam arbeiten wir uns gemeinsam voran, fegen Füllwörter und Dopplungen (den Staub auf dem Glitzer) vondannen und steigern die Qualität und den Wert.

Dabei arbeite ich eindeutig positiv: ich benenne das, was schon stimmt, das was bereits da ist. Erst dann gebe ich den einen oder anderen Verbesserungsvorschlag mit auf den Weg. Niemand wird dadurch auf den Boden geworfen, sondern kann im Sitzen in Ruhe meine Rückmeldungen erfahren.

Wertschätzendes Feedback: Floskel oder Segen? Ich meine beides! Denn natürlich hat sich dieser Begriff im Berater- und Dozent:innentum eingenistet und ich selbst mag ihn gar nicht mehr hören. Doch im Wortsinne verstanden, gibt die Analyse sowohl den Wert als auch die Verbesserungsmöglichkeit zu erkennen.

Frau in einem Seminarraum umgeben von Büchern und Schreibutensilien
Einen Tag lang schreiben: in meinem Workshop klappt das!

Zu ehrlich – geht das überhaupt?

Ich musste vor knapp zehn Tagen schmunzeln. Denn vor mir saß ein Brautpaar beim Kennenlerngespräch. Eine Macke, die sie an ihm klar benannte, war, er sei zu ehrlich und ecke damit oft an. Das möge sie nicht so sehr, als harmoniebedürftige Person. Ich erkannte in ihm mein ungestümes, kompromissloses Wesen seit meiner Jugend.

Und ja: natürlich ecke ich viel leichter an als andere, die Ehrlichkeit eher ausbalanciert in die Welt tragen. Ich glaube inzwischen, dass jede Person, die mit sich im Reinen ist, Ehrlichkeit verträgt. Die erkennt, dass wer ehrlich ist, sehr wohl weiß, dass sie an Grenzen stößt, die der Fragende eventuell unbewußt gesetzt hat.

Möchte ich in einer Umkleidekabine bei der Kaufentscheidung unterstützt werden, weil ich nicht weiß, ob mir der Schnitt steht? Dient schließlich die ehrliche Meinung, dass der Pulli mich unförmig aussehen lässt, nicht meiner bestmöglichen Erscheinung in der Öffentlichkeit?

Muss ich nicht stattdessen DANKE sagen, wenn ich vor einem Fehlkauf gewarnt werde, weil mir gesagt wird: „Boah, du siehst in der Hose aus wie eine Presswurst!“? Lieber entliebe ich mich direkt von dieser modischen Art Jeans, als später unterwegs mitleidig betrachtet zu werden, weil ich zwar reinpasse, die Hose aber wirklich eine Nummer zu klein ist, oder?

Meine Entscheidung

In jedem Gespräch, jedem Brief, jeder Gruppensitzung entscheide ich mich. Für gutes Zuhören, für reflektierende Gedanken, für Ehrlichkeit. Ich möchte als authentisches Wesen durch mein Leben gehen und jede Person, die mir begegnet, ein klares Signal senden. Egal, wie wir zueinander stehen, welche Beziehung wir haben: du weißt, woran du mit mir bist.

Mag ich dich, weißt du das, weil ich es dir sage. Bist du nicht so mein Fall, ich möchte aber mit dir umgehen, konzentriere ich mich auf die positiven Dinge, die uns verbinden. Belügst oder betrügst du mich, lässt mich sarkastisch auflaufen oder nimmst mich nicht ernst, dann schaue ich dir aufrichtig in die Augen, sage dir meine Meinung, drehe mich um und gehe.

Durch diese Entscheidung, so, genau so und nicht anders, durch mein Leben zu gehen, habe ich sehr vertrauensvolle Beziehungen aufgebaut. Zu Freunden, zu meiner Familie, vor allem auch zu meinen Kund:innen. Weil sie genau das schätzen, was ich ihnen gebe und ohne das ich nicht kann: Ehrlichkeit und Authentizität.

Na, habe ich dich nun geschockt oder beeindruckt? Ich weiß, Ehrlichkeit leben und aushalten ist keine einfache Handlung. Ich für meinen Teil jedenfalls lebe gut damit! Und wenn meine Ehrlichkeit gefordert ist, nehme ich auch in Kauf, dass ich womöglich diejenige bin, die ungemütliche Wahrheiten eröffnet und dafür abgestraft werde.

Wer kennt nicht den Spruch von Sophokles: „Töte nicht den Boten!“ als Inbegriff dessen, dass schlechte Nachrichten ungern gesehen werden. Und Ehrlichkeit leider manches Mal ungeliebte Inhalte hat. Mehr als einmal erlebte ich dadurch Ablehnung und Ausschluss. Nun, so trennt sich die Spreu vom Weizen und ich mich von Menschen, die nicht zu mir passen. Macht mich schon mal traurig, aber aus Harmoniesucht Unwahres zu sagen, kommt für mich nicht in Frage.

Die eigene Kritikfähigkeit trainieren, ist ein lebenslanger Prozeß. Ich fühle mich wohl darin und bin bei weitem nicht perfekt. Doch die Erkenntnis, dass ewige Ja-Sager meine Entwicklung eher hemmen als fördern, ist eine großartige. Darum: ich freue mich auf Rückmeldung jeglicher Couleur. Ob positiv oder negativ, ich liebe den Lerneffekt daraus 🙂

In diesem Sinne: Lass mir deine ehrliche Meinung da! Scrolle etwas weiter runter, da findest du die Kommentarfunktion. Ich verspreche, ich werde dir danken, wenn du mir dort etwas hinterlässt. Egal, ob Hopp oder Topp!

Deine Gabi.


Lächelnde Frau vor Efeu-Wand mit einem Notizbuch in der Hand, darauf der Claim "Liebe, die durch Worte strahlt"

Gabi Kremeskötter

Liebe, die durch Worte strahlt

Freie Rede – Schreibworkshops – Lektorat


10 Kommentare

  1. Ein tolles Thema und ein richtig gut geschriebener persönlicher Blogartikel. Mir gefällt, wie du die verschiedenen Seiten beleuchtet und reflektierst. Das macht dich sehr sympathisch.
    Aber ganz ehrlich? Ehrlichkeit ist super wertvoll, aber ich möchte sie nicht von jedem*r ungefragt hören. Ausgewählte Menschen, denen ich vertraue, auf jeden Fall. Ich war früher auch viel direkter geradeaus und habe inzwischen gelernt, nicht gleich alles auszusprechen, was ich denke, sondern abzuwägen und mich in Diplomatie zu üben und angemessene Situationen abzuwarten.
    Liebe Grüße
    Kerstin

    1. Hallo liebe Kerstin,
      danke, dass du meinen Artikel gelesen und kommentiert hast. Ich gebe dir vollkommen Recht: Ungefragt platze ich auch nicht mehr mit ungeliebten Wahrheiten raus, sondern nur, wenn ich gefragt wurde.
      Dann jedoch ehrlich und ohne „Chichi“… 🙂
      Ich wünsche dir eine gelingende Woche,
      herzlichst,
      Gabi

  2. Hallo Gabi,
    toller Artikel! Ich bin auch für Ehrlichkeit, versuche sie allerdings immer diplomatisch zu verpacken. Manchmal echt ein Spagat. Ist eben etwas schwierig, als harmoniesüchtige Person, aber ich arbeite daran. Unwahrheit ist keine Lösung. Dann sage ich lieber gar nichts.
    LG Ursula

    1. Liebe Ursula,
      danke für deinen Kommentar!
      Ja, jede für sich muss den Weg finden, wie sie mit ehrlichen Antworten umgehen mag.
      Vor allem gruselt´s mich, wenn aus Angst vorm Anecken diplomatisches Schwurbeln entsteht, dann doch besser ganz den Mund halten und sagen:
      dazu möchte ich KEINE Stellung beziehen.
      Wer mich jedoch fragt, wird eine Antwort bekommen 😉
      Gruß Gabi

  3. Liebe Gabi,
    was für ein starker Artikel über ein (vermeintlich) so einfaches Thema! Ich persönlich könnte auch nicht ohne Ehrlichkeit, deswegen verstehe ich vermutlich deine Gedankengänge nur allzu gut! Genauso wie du musste ich aber auch lernen, dass man mit der Wahrheit mitunter auch aneckt und sich unbeliebt macht…. Aber man kann ja eh nicht ändern, was andere über einen denken 😉

    Liebe Grüße,
    Nadine

  4. Liebe Gabi,
    ein ehrlicher Artikel! Das gefällt mir sehr gut. Und du lässt dir selber kein „Hintertürchen“ offen, das gefällt mir noch besser.
    Gerade für deine Klienten ist das doch so besonders und wertvoll, wenn sie mir dir zusammen arbeiten.
    Vielen Dank, liebe Grüße, Birgit

  5. Liebe Gabi,
    um auch mal ganz ehrlich zu sein: Ich finde, dass ehrliches Feedback ein großes Kompliment ist. Zeigt es doch Wertschätzung und Respekt. Da nimmt einen jemand ernst, denkt über Dein Anliegen nach und nimmt sich die Zeit, eine fundiert kritische Antwort zu geben. Natürlich muss man da auch mal schlucken. Aber letzten Endes bringt es einen selbst weiter und sei es nur, weil man entscheidet, dass man trotz berechtigter Kritikpunkte an seinem Stil festhält. Ich finde Deine Startseite übrigens auch erstaunlich facettenreich. Allerdings hat mich das auch ermutigt, weil ich mich mit meiner Seite auch nicht thematisch festlegen mag.

    Ich bekam auch neulich ein ehrliches, sehr gut formuliertes Feedback zu meiner neuen Webseite, da waren auch berechtigte Kritik-Punkte bei. Ich kannte den Kommentierenden nur flüchtig, fand es aber tatsächlich sofort richtig toll, dass sich da jemand die Mühe gemacht hat.
    Anders ist es natürlich, wenn Kritik respektlos geäußert wird, da schalte ich auch auf Durchzug. Das nehm ich dann auch nicht ernst. Da bin ich ebenfalls ehrlich.
    Ich wünsch Dir jedenfalls ein schönes restliches Osterfest
    Liebe Grüße
    Britta

    1. Liebe Britta,
      ich lese: wir verstehen uns! Nicht jede/r mag Ehrlichkeit, wenn sie ihn/sie selbst betrifft und verweigert somit ein Kompliment, das hast du sehr treffend benannt!
      Danke dafür und wir bleiben bei unserer Vielfalt!
      Denn so groß sie auch sein mag, findet sie genau die Menschen, die nach genau ihr suchen. Daran glaube ich fest.
      Ich wünsche dir einen feinen Rest-Ostermontag,
      Gruß Gabi

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