Geheiratet wurde immer schon, auch bevor die Weltreligionen den Akt der offiziellen Paarbildung für sich beanspruchten. Der Wunsch zur Bindung und Zugehörigkeit ist ein menschliches Bedürfnis, das sich zunehmend (wieder) der Religion entzieht. Wie sich dieser Trend, ich nenne ihn „die Ent-religion-isierung der Hochzeit“ mit Daten belegen lässt, schreibe ich in diesem Artikel.
Immer weniger Paare heiraten mit dem Segen ihrer Kirche.
Früher undenkbar, ohne den Segen der Kirche zu heiraten. Die religiöse Verwurzelung der Institution Ehe hat viele Jahrhunderte das Hochzeitswesen getragen. Der Glauben an Gott oder seine Stellvertreter erschien fast wichtiger als die staatlich-offizielle Eheschließung auf dem Standesamt.
War dieser behördliche Schritt früher aus rein gesetzlichen Gründen nötig, wurde die Eheschließung in den meisten Fällen erst durch die kirchliche Trauung, das Ja-Wort vor Gott und der Welt durch einen geweihten Priester, gültig.
Erst die heiligen Sakramente errichteten dem Glauben gemäß den Schutzschild des Brautpaares, erst dadurch wurde der Ehestand anerkannt innerhalb der religiösen Gemeinde, den der für die Glaubensgemeinschaft gültigen Rituale und Schwüre folgend.
Diese über die Jahrhunderte selbstverständliche Manifestation von Ehe und Religion in Deutschland bröckelt. Recht deutlich sogar und zeigt klar in Richtung Auflösung dieser einst so festen Zusammengehörigkeit. Die Ent-religion-isierung der Hochzeit in nimmt weiter Fahrt auf, denn die heiratswillige Generation hat für sich erkannt, dass Liebe, Glück und Familie die Religion nicht (mehr) brauchen.
Die Statistik beweist: immer weniger Paare heiraten kirchlich.
Um diesen Trend zu belegen, verweise ich auf folgende drei Quellen:
Erstens: Immer weniger Paare heiraten kirchlich.
Die Augsburger Allmeine Zeitung hat bereits 2015 diese Thematik untersucht und dazu interessante Zahlen veröffentlicht. Verglichen mit der Kirchenzugehörigkeit (evangelisch und katholisch) hat nur jedes vierte Paar, damals also noch 25% Prozent, kirchlich geheiratet. Der Mehrheit von 75% reichte die standesamtliche Trauung. Bundesweit fielen seit 2005 die kirchlichen Hochzeiten sogar von damals noch 37% auf besagte 25% in 2015.
Zweitens: Zivile und kirchliche Eheschließungen
Die Forschungsgruppe Weltanschaungen in Deutschland, kurz Fowid, hat in 2020 bereits ähnliches vermeldet:
Der Anteil der kirchlichen Trauungen an allen Eheschließungen ist ein Indikator für die gesellschaftliche Verankerung einer Religion und ihrer Traditionen. In Deutschland sind es (2018) noch 18 Prozent der Ehepaare, die sich kirchlich trauen lassen. Die Daten für Italien, Norwegen, Irland, Polen, Schottland und Dänemark zeigen alle die gleiche Tendenz. Eine religiöse Überhöhung bzw. traditionelle Einbindung der Eheschließung wird stetig geringer.„
https://fowid.de/meldung/zivile-und-kirchliche-eheschliessungen
Von 2018 zu 2021 setzte sich der Trend somit fort , die Coronajahre 2020 und 2021 mit ihren Kontakteinschränkungen dürften hier die Zahlen noch etwas verfälschen, doch der Trend weg von einer kirchlichen Hochzeit ist nicht wegzudiskutieren.
Drittens: Umfrage in Deutschland zur Art der Trauung 2021
In 2021 ist der Rückgang als klarer Trend weiter untermauert worden. Auf Statista.de ist in der Umfrage in Deutschland zur Art der Trauung nachzulesen, dass 2021 94% aller befragten Paare in Deutschland standesamtlich geheiratet haben, jedoch nur noch 16% kirchlich. Die Freie Trauung wählten 8% und 1% heirateten im Kreise ihrer Glaubensgemeinschaft. Somit haben 83% aller Paare außerhalb einer religiösen Zeremonie ihr Ja-Wort gegeben! Eine beeindruckende Anzahl, die die Ent-religion-isierung der Hochzeit klar untermauert.
Aktuellere Studien zum Thema konnte ich leider nicht finden, doch bin ich sicher, dass die Verankerung der kirchlichen Tradition weiterhin abnimmt und die Paare sich weg von religiöser Einflussnahme hin zu mehr Freiheit und Individualität entwickeln.
Mein Fazit: Ja zur Hochzeit, aber ohne religiösen Segen
Die Ent-religion-isierung der Hochzeit ist in meinen Augen die konsequente und gesellschaftlich geprägte Emanzipation von der kirchlichen Macht. Insbesondere die katholische Kirche mit ihren Skandalen hat die Glaubwürdigkeit der religiösen Lehre zerrüttet. Die heiratswilligen Paare von heute begründen das Gelingen ihrer Bindung nicht mehr auf den kirchlichen Segen sondern finden die Kraft und den Glauben an ihre Liebe in sich selbst.
Die Zelebrierung ihrer Hochzeit wird zunehmend in überwältigender Mehrheit im Standesamt gefeiert, wer Wert auf eine deutlich feierlichere Zeremonie legt, kann dies in der Freien Trauung erleben. Diese modernere Variante lehnt sich zwar in manchen Gestaltungselementen an die kirchliche Hochzeit an, ist jedoch frei von strikten Ritualen und Bedingungen. Einzig die Brautleute entscheiden, wie, wo und wann ihre Trauung stattfindet.
Die Ent-religion-isierung hat ein Kernstück kirchlichen Selbstverständnisses erreicht, wer heutzutage heiraten möchtet, braucht weder gesellschaftliche Ächtung noch Schuld und Sühne befürchten. Die Entwicklung der Zahlen spricht eine eindeutige Sprache: Heiraten Ja, aber der religiöse Segen ist nicht mehr wichtig.
Überlegt ihr auch, frei zu heiraten? Dann meldet euch bei mir oder schaut in meinem Blog die zahlreichen weiterführenden Blogartikel zur Freien Trauung an. Ich bin Freie Rednerin für Trauungen, Kinderwillkommensfeste und Trauerfeiern und gerne auch für die Gestaltung eurer Freien Zeremonie da. (Zum Kinderwillkommensfest habe ich übrigens einen eigenen Artikel verfasst.)
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Liebe Gabi,
sehr guter Artikel, du hast die allgemeine Richtung zu deinem Trend gemacht.
Und ganz ehrlich, ich habe vor 32 Jahren meinen Mann kirchlich geheiratet. Heute würde ich ihn wieder heiraten – mit einer freien Trauung.
LG Birgit
Liebe Birgit, danke!
Was spricht dagegen, euren 33ten Hochzeitstag mit einer Freien Zeremonie zu etwas ganz besonderem zu machen, die Erneuerung eures Liebesversprechens: auch das geht mit der Freien Rede:-)
Viele liebe Grüße,
Gabi
Liebe Gabi, ein so wichtiger Artikel🚀
Ich denke auch, dass die Menschen sich immer mehr emanzipieren von den kirchlichen Vorgaben und dass das nichts schlechtes ist. Selbst denken ist immer besser, als stur nach (vielleicht nicht so wirklich richtigen) Gesetzen zu handeln.
Sollte ich noch einmal heiraten, wird das sicher auch eine freie Trauung werden!
Ganz liebe Grüße
Monika
Liebe Monika,
herzlichen Dank für deine Zustimmung! Du sprichst da etwas ganz Wesentliches an: die eigene Meinungsbildung und sich entsprechend zu positionieren. Die Religion mag ihre Berechtigung haben, hört für mich jedoch dort auf, wo sie Macht und Einschüchterung durch ihre Le(e)hre ausübt.
Wenn du noch einmal heiratest… lach… wirst du hoffentlich viele Anregungen auf meinem Blog nutzen können!
Herzliche Grüße,
Gabi