Plotten: von der Idee zum Manuskript – meine Anleitung in 8 Schritten

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Hand einer Person mit lackierten Fingernägeln schreibt mit einem gelben Kugelschreiber in ein Notizbuch

Wer schreibt, folgt einer Idee. Ohne Idee keine Worte, ohne Worte keine Sätze, die Geschichte werden. Wir alle haben täglich Ideen. Für ein Mittag- oder Abendessen, für einen Ausflug oder eben eine Geschichte. Wie jedoch aus einer Idee wirklich ein fertiges Manuskript wird und Plotten als Methode dabei hilft, erläutere ich in meiner Anleitung in 8 Schritten.

Schreiben ist die Auseinandersetzung mit unserer Innenwelt, beziehungsweise mit den Verknüpfungen, die unser Innen mit äußeren Eindrücken herstellt. Manche träumen ihre Ideen, andere empfangen Impulse aus ihrer Beobachtung heraus. Wer ein Manuskript fertig schreiben möchte – genau: vom Anfang bis zum Ende – kommt früher oder später um den Begriff „plotten“ nicht herum. Ich erläutere diese Methode in meinem folgenden Blogartikel. Deine Idee soll schließlich Geschichte werden 🙂

Definition Plot bzw. plotten

In meinem Glossar zum Kreativen Schreiben definiere ich den Begriff „Plot“ folgendermaßen:

Begriff in der Literatur, der die Handlung und den Aufbau einer Geschichte beschreibt. Er umfasst die Abfolge von Ereignissen, die Charaktere und deren Handlungen, sowie den dramaturgischen Verlauf einer Geschichte. Der Plot ist somit ein zentraler Bestandteil von Erzählungen und dient dazu, die Spannung und den Fortschritt der Handlung aufrechtzuerhalten und das Interesse des Lesers zu wecken.

Der Plot kann in verschiedenen literarischen Genres eingesetzt werden, wie z. B. in Romanen, Kurzgeschichten, Theaterstücken oder Filmdrehbüchern, und kann von einfachen bis hin zu komplexen Strukturen reichen. Ein gut ausgearbeiteter Plot kann dazu beitragen, dass eine Geschichte fesselnd und interessant wird und den Leser oder Zuschauer in seinen Bann zieht.

Gabi Kremeskötter: Glossar Kreatives Schreiben

Für wen sich plotten eignet

Plotten bedeutet per Definition „planvolles Schreiben“. Generell unterscheidet die schreibende Welt zwei Typen von Autor:innen:

  • Jene, die einfach drauflos schreiben und am Anfang noch nicht wissen, wie eine Geschichte sich entwickeln wird
  • und den anderen, die am Anfang bereits eine ungefähre Ahnung haben, wie ihre Erzählung einmal ausgehen wird.

Als Dozentin für Kreatives Schreiben stehe ich dafür, dass es kein Richtig oder Falsch gibt. Jeder Schreibende tendiert entweder zu der einen oder anderen Gruppe. Wichtig ist am Anfang jedes Schreibprozesses, mir über die möglichen Methoden im Klaren zu sein, die mich an das gewünschte Ziel bringen. Wer viele Geschichten im Kopf hat, einige davon auch schon begonnen hat, in textliche Form zu bringen, jedoch immer wieder daran scheitert, sie zu beenden, für den ist der Plot, das Plotten als strukturgebende Methode geeignet.

Doch aus jenen, die spontan schreiben, sich ihrer eigenen Kreativität im vollen Flow hingeben und die Überraschung lieben, wo sie auskommen, möchte ich ans Herz legen, einen Plot einmal auszuprobieren. Das kann neue Impulse und Ideen befördern, die ansonsten nicht entstanden wären.

Insgesamt ist unerheblich, ob du bereits langjährige Schreiberfahrung mitbringst oder erst ganz am Anfang deiner schreibenden Entwicklung stehst. Schreiben lernt, wer schreibt. Auch erfahrene Autor:innen befinden sich unentwegt auf ihrer Schreibreise, Verbesserung geht immer. Je mehr ausprobiert, geschrieben wird, desto höher wird die Qualität des Manuskripts.

Im Folgenden zeige ich die wirklich einfachen Schritte auf, um einen brauchbaren Plot zu entwickeln.

Schritt EINS: die Idee

Du hast eine Idee für eine Geschichte und möchtest sie umsetzen. Super! Sie ist Dreh- und Angelpunkt, mit dem du dich am Anfang eine gute Weile beschäftigen solltest. Notiere deine Idee per Hand oder in einem Textdokument. Hab sie immer bei dir, damit du alle weiteren Gedanken dazu jederzeit schnell festhalten kannst.

Ich nutze meist ein Notizbuch dazu. Eines habe ich auch am Bett, damit ich meine manchmal nur vagen Einfälle beim Einschlafen und Aufwachen nicht wieder vergesse. Oft habe ich mich schon darüber gewundert, was mir alles in diesem Zwischenreich des unbewußt Bewußten in den Kopf kommt!

Schreibe alle Ideen auf, egal, ob geordnet oder durcheinander. Jedes Wort, jeder Gedanke zählt und kann dir später beim Aufbau deiner Geschichte und dem Plotten der Szenen nützen.

Um meinen Blogartikel hier etwas zu illustrieren, baue ich beispielhaft eine ganz einfache Story auf, sie dient hier lediglich dazu, etwas praktischen Inhalt mit einfließen zu lassen und dein Verständnis zu erleichtern.

Beispiel: Eine alleinstehende Frau will bei einem Datingportal endlich ihrem Traum von Mann begegnen.

Mehr braucht am Anfang gar nicht festzustehen! Und ja, wenn du mich belächelst, weil die Grundidee etwas profan ist: Seis drum, ist ja nur ein Beispiel und diesen Roman werde ich sicher NICHT schreiben, zwinker. Mein Beispiel soll lediglich helfen, um die folgenden Schritte gut nachvollziehen zu können, also verzeih mir meinen Hang zur romantischen Zweisamkeit 🙂

Schritt ZWEI: Figurenentwicklung der Protagonist:in

Als Protagonist:in wird der oder die Handelnde der Erzählung bezeichnet. Die Geschichte erzählt sein oder ihr Erleben als Hauptperson und nimmt damit nimmt diese Figur den größten Raum ein. Schreibzeiten oder Erzählperspektiven möchte ich an dieser Stelle nicht weiter erläutern, verweise daher auf meine entsprechenden Blogartikel 🙂

Um die Persönlichkeit, den Charakter und die Eigenarten der Hauptperson zu erfassen, empfehle ich als Schritt zwei die genaue Beschreibung der Person anzufertigen. Dafür können alle Informationen zum Beispiel in einem Cluster zusammengetragen werden. Auch eine einfache Auflistung hilft weiter.

Überlege dir,

  • wie sieht die Person aus,
  • welchen Alters ist sie?
  • Welche Erfahrungen hat sie gemacht,
  • wie ist sie ausgebildet,
  • was kann sie und was nicht?
  • Wie geht sie mit Beziehungen um,
  • welche Gefühle und Ängste prägen sie womöglich?
  • Hat sie Kinder oder ein Haustier,
  • mag sie Sport oder nicht?

Jedes noch so kleine Detail kann helfen, eine klare Vorstellung und ein optisches Bild von ihr zu entwickeln. Diese Informationen werden dir später das Plotten erleichtern.

Beispiel: Alleinstehende Frau

  • Elisabeth, 45 Jahre alt, geschieden seit 10 Jahren, ein Sohn, 25 Jahre alt, der nicht mehr bei ihr wohnt, war alleinerziehend
  • 160 cm groß, weibliche Formen, kurze, dunkelbraune Haare
  • Kleidungsstil sportlich, trägt gern Jeans und T-Shirt, im Sommer gern luftige Kleider
  • geht gerne shoppen, mag Cappucino, lieber Wein als Bier
  • trifft sich mit ihrer Freundin ab und zu zum Sektfrühstück in einem Café in ihrer Heimatstadt
  • Wohnort mittelgroß, ca. 5000 Einwohner
  • fährt einen Mittelklassewagen, VW Beetle, älteres Baujahr
  • ist Angestellte in einem Architekturbüro, für Sekretariatsaufgaben zuständig.

Diese Liste könnte ich noch weiterführen, für den Moment mag sie jedoch reichen, um das Prinzip zu erklären 🙂

Schritt DREI: Figurenentwicklung des Antagonisten

Als Antagonist wird die Figur in einer Geschichte bezeichnet, die sich gegen die Hauptfigur stellt und in der Regel den Konflikt in der Handlung antreibt. Der Antagonist kann ein Gegner, ein Feind, ein Rivale oder sogar ein Hindernis sein, das die Hauptfigur überwinden muss, um ihr Ziel zu erreichen.

Oft hat der Antagonist auch eigene Ziele und Motivationen, die ihn zu seinen Handlungen treiben, dabei kann er durchaus ein sympatischer und interessanter Charakter sein. In vielen Geschichten wird der Konflikt zwischen Protagonist und Antagonist als der Hauptantrieb der Handlung betrachtet.

Für deine Geschichte ist daher wichtig, diese zweite Person, den Gegenspieler, mindestens genauso detailliert zu entwickelt wie die Hauptfigur. Auch hier empfehle ich ein Cluster, um die Charakterstudie sehr persönlich und genau zu verfassen. Wenn dir die Figuren klar sind, fällt dir das spätere Plotten sehr viel leichter.

Beispiel: Datingpartner

  • Markus, 49 Jahre alt, Single, unverheiratet, keine Kinder
  • 180 cm groß, sportlich, kurze grau-melierte Haare mit zunehmenden Geheimratsecken, Anzug steht ihm ebenso wie Jeans, hat ein Faible für hochwertige Lederschuhe
  • 3facher Triatholon-Finisher, lebt in eigenem Haus mit Garage und großem Garten, hat einen Irish Setter namens „Jack“
  • liebt seinen Weber-Grill auf der Terrasse, lädt dazu regelmäßig seine Kumpels ein, die dann bei Bier und Steak über Sky die Bundesliga-Spiele schauen.
  • Wohnort ländlich mit knapp 1000 Einwohnern, er mag die Ruhe und vor allem keine Nachbarn in direktem Umfeld.
  • fährt einen Jeep, Jahreswagen, mit dem er seinen Hund problemlos transportieren und zu seinen Laufrunden im Wald mitnehmen kann
  • Selbstständiger Unternehmensberater, mit Großkunden im Automobilbereich, seinerzeit Studium BWL, Spezialisierung auf Steuerrecht und Außenhandel

Schritt VIER: die Krise / der Konflikt

Um in einer Geschichte Spannung zu erzeugen, braucht die Handlung einen Konflikt, eine Krise, einen Streit. Gegensätzliche Meinungen, Diskussionsstoff und Auseinandersetzung. Du hast die Idee, zwei Handelnde, die sich in irgendeinem Punkt nicht einig sind. Diese Krise ist jetzt dran, genauer gestaltet zu werden. Was fällt dir dazu ein, worin besteht in deiner Geschichte der Konflikt?

Machtgefälle, unterschiedliche Werte, alte Verletzungen und Wunden können zwischen Protagonist und Antagonistin auflodern. Auch hier kannst du mit einer stichpunktartigen Sammlung die Auseinandersetzung skizzieren. Nimm dabei den jeweiligen Standpunkt der Handelnden genau in Augenschein, fühle dich hinein, was bewegt die Eine und den Anderen? Alle Wesenszüge und Einzelheiten deines so ausgearbeiteten Konflikts, wirst du später beim Plotten einfließen lassen.

Beispiel: Gegensätzliche Hoffnungen und Sehnsüchte

Elisabeth wünscht sich einen Partner an ihrer Seite, der ihr neue Impulse bietet und Abwechslung. Gesellschaft und Gespräche, Kulturerlebnisse, aber auch eine starke Schulter zum Anlehnen. Sie möchte endlich ihren Alltag teilen und eine Wohngemeinschaft bilden. Körperliche Anziehung ist ihr nicht so wichtig, stattdessen Sicherheit und Verlässlichkeit.

Markus hingegen liebt seine Unabhängigkeit und Freiheit. Eine feste Partnerschaft steht weniger im Fokus als körperliche Nähe und Intimität. Er sieht sich als großzügiger Galan, der gern Geschenke macht, dafür jedoch auch entsprechendes Entgegenkommen erwartet. Monogamie entspricht nicht seinem Ziel, zu oft schon wurde er ausgenutzt und eifersüchtig bewacht.

Diese beiden Wunschvorstellungen passen nicht zueinander! Zu unterschiedlich stehen die Erwartungen sich gegenüber. Spannend wird sein, wie sie mit den Erkenntnissen bei ihrem ersten Date umgehen und ob sie sich aufeinander zu oder voneinander weg bewegen werden.

Schritt FÜNF: der Handlungsort/ das Setting

So weit, so gut. Du hast deine zwei Hauptfiguren klar vor Augen, auch was sie erleben werden, wenn sie sich begegnen. Nun entwickle den Ort, an dem sie aufeinandertreffen. Hier kannst du aus dem vollen eigenen Erfahrungsraum schöpfen! Nutze alle fünf Sinne, um dir den Handlungsort, auch „Setting“ genannt, genau auszumalen. Beschreibe ihn so, als würdest du einem Blinden erklären müssen, was du siehst.

Wenn dir das schwer fällt, schlage eine Illustrierte auf oder nimm dein Fotoarchiv zu Hilfe. Beschreibe 1:1, was du siehst und mache dir entsprechende Notizen. Je genauer du die Tageszeit und Temperatur, die Gerüche und Geräusche vorstellst, desto klarer wird die Szenerie, die als Umgebung für die Auseinandersetzung dient. Auch die Inhalte dieses Schrittes wirst du beim Plotten nutzen und umsetzen können, versprochen!

Planst du eine längere Geschichte wie einen Roman, so werden viele verschiedene Orte die Handlung beherrschen. Auch hier kannst du jede Räumlichkeit in gleicher Umfänglichkeit entwerfen. Ist deine Handlung als Fantasy angedacht, lasse deine Kreativität losrennen und erfinde genau die Welt, die deine Protagonisten brauchen, um ihre Reise zu erleben.

Je detaillierter du dein Setting planst, umso besser werden die Lesenden später in deine Geschichte eintauchen können. Weil du ihnen Bilder beschreiben wirst, die zunächst nur in deinem Kopf existieren, durch deine textlichen Beschreibungen dank ihrer Fantasie jedoch in ihre Vorstellung entstehen. Los gehts!

Beispiel: Modernes Café mit selbstgemachten Kuchen und italienischem Barista

  • Nachmittags gegen 15 Uhr an einem Samstag, die Bar ist voll mit mindestens 40 Personen, sämtliche Tische sind besetzt, als Elisabeth das Café betritt.
  • Sie hat nur ein Foto von Markus, erkennt ihn jedoch an seinem Handzeichen, der Tisch ist in einer Ecke an der Fensterfront.
  • Draußen fällt Regen vom Himmel, sie findet den Schirmständer neben der Tür.
  • Sie muss sich durch den Raum und die vielen Menschen den Weg bahnen, am Tisch angekommen steht er auf, um ihr aus dem Mantel zu helfen, sie lehnt ab, ist bereits jetzt etwas genervt von der Lautstärke.
  • Im Café duftet es nach vielem: nasser Hund, frisch gerösteter Kaffee, gebackener Kuchen, auch eine leichte Tabaknote streicht um Elisabeths Nase.
  • Die Stühle sind bequem, auch wenn der Sitzbereich an sich sehr beengt ist. Kein Meter entfernt sitzen andere Gäste, deren Gespräch sie in Fetzen mitbekommt.
  • Rechts von ihr kommt das Tageslicht herein, hinter Markus hängt an der Wand ein Gemälde der Rialto-Brücke in Venedig.

Schritt SECHS: das Exposé

In meinem ausführlichen Blogartikel zum Thema Exposé erkläre ich dieses Textformat als Notwendigkeit, mit dem ein Manuskript bei einem Verlag oder Literaturagentur beworben wird. Für das Plotten ist das Exposé hilfreich, um bei der weiteren Ausarbeitung der Struktur die wesentlichen Entwicklungsstufen der Geschichte im Auge zu behalten.

Den Kern dieses Textformats jedoch behält das Exposé auch in diesem fünften Schritt: als Inhaltsangabe formuliert es die Reise der Protagonisten durch ihren Konflikt hin zur Lösung, ihrem überraschenden Ende. Der Titel der Geschichte wird zum ersten Mal definiert, zumindest als übergeordneter Arbeitstitel sollte er spätestens jetzt festgelegt werden. Der Spannungsbogen der Erzählung wird erstmals deutlich und ganz wichtig: am Ende aufgelöst!

Beispiel: Die Magie der ersten drei Sekunden

Elisabeth, 45, lebt seit vielen Jahren allein. Ihren Sohn hat sie ohne Vater erzogen, seit seinem Auszug spürt sie zunehmende Einsamkeit. Als sie sich bei einer Dating-Plattform anmeldet, hat sie sehr schnell nach einem Persönlichkeitstest verschiedene Partnervorschläge. Einer sticht hervor: Markus, ein attraktiver Endvierziger. Sie ist eine Frau der Tat und schreibt ihn an. Auch er ist angetan von ihr und ein reges Frage- und Antwort-Spiel entwickelt sich. Nach zwei Wochen schlägt er ein persönliches Treffen vor und wählt auf ihre Bitte ein Café in der nächstgrößeren Stadt.

Pünktlich um drei Uhr betritt sie am Samstag das Café, ist jedoch direkt erschlagen von der lauten, betriebsamen Atmosphäre. Sie meidet normalerweise große Menschengruppen und nun das. Sie schluckt ihren aufkommenden Ärger hinunter und geht dem winkenden Mann entgegen. Er will ihr aus dem Mantel helfen, sie lehnt ab, muss sich erst einmal sammeln.

Ein kurzes Gespräch entwickelt sich, sie fühlt sich zunehmend in die Enge getrieben, seine Annäherungsversuche irritieren sie. Warum rückt er mit seinem Stuhl so sehr an sie heran, berührt sie an der Hand, neigt seinen Kopf zu ihr. Abweisend nimmt sie Abstand, erfindet als Grund, sie müsse zur Toilette. Markus schaut ihr enttäuscht hinterher, zückt seine Brieftasche und geht. Diese Dame ist für ihn abgehakt, so eine distanzierte Zicke will er nicht in seinem Leben haben.

Als Elisabeth zurückkommt, findet sie sich alleine wieder. Auf dem Tisch liegt der Bewirtungs-Bon und passendes Geld für den Service. Zumindest dabei hat er also Anstand bewiesen, denkt sie und atmet erleichtert einmal tief ein und aus. Ihr Cappuccino ist kalt, aber Kuchen und Wasser stehen noch unberührt. Sie beschließt, noch zu bleiben und setzt sich. Tiefe Entspannung breitet sich aus und sie weiß: alleine sein ist gar nicht so schlecht. Zumindest nicht, wenn sie die Wahl zwischen Zudringlichkeit auf Knopfdruck und höflich distanzierter, vor allem langsamer Annäherung hat.

Als sie die Augen öffnet, steht ein Fremder vor ihr. „Entschuldigen Sie, ich möchte Ihnen wirklich nicht zu nahe treten, doch dies ist der letzte freie Platz in diesem Raum. Können Sie sich vorstellen, die nächsten zehn Minuten meine Gesellschaft zu ertragen? Ich brauche wirklich nicht länger für meinen Espresso.“ Ein warmes Gefühl breitet sich in ihr aus und ohne darüber nachzudenken, lächelt sie und nickt. – ENDE –

Schritt SIEBEN: die Abfolge der Szenen (das eigentliche Plotten)

Die Geschichte steht, du kennst die Figuren, den Anfang, die Handlung und das Ende. Jetzt ist die Zeit gekommen, die einzelnen Szenen in kurzen Stichpunkten mit maximal zwei, drei Sätzen zu skizzieren. Das ist der Kern des Plottens! Jetzt erlebst du den Nutzen der vielen Vorarbeiten von Schritt eins bis sechs 🙂 Geh dabei vor, als würdest du ein Drehbuch schreiben und jede einzelne Sequenz notieren. Später wird aus jeder Szene ein Absatz oder eigenes Kapitel.

Für das eigentliche Schreiben hast du jede Freiheit, neues dazu zu erfinden, auszuschmücken und aufzublasen. Die jetzt festgelegte Struktur ist nicht in Stein gemeißelt, du kannst ändern, verschieben, ergänzen. Doch sie wird dir der rote Faden sein, den du während des Schreibprozesses nicht mehr verlierst. Du kannst dich an deinem Plot wie an einer Perlenkette entlanghangeln und zielstrebig auf das Ende hinschreiben. Du wirst nicht der erste Autor sein, die erste Schriftstellerin, die genau nach dieser Methode ihr Buch gründlich vorplant.

Beispiel: Szenenabfolge

  1. Elisabeth in ihrer Wohnung, ihr Telefon klingelt, Gespräch mit ihrem Sohn, der vor zwei Jahren für sein Studium weggezogen ist. Alles klar soweit, es geht ihm gut.
  2. Elisabeth sitzt nach dem Telefonat auf ihrem Sessel, Tränen rollen über ihr Gesicht, sie ist so einsam.
  3. Beim Einkaufen trifft sie ihre gute Freundin, die ihre rot geweinten Augen sieht. Elisabeth schüttet ihr Herz aus. Die Freundin rät ihr, sie solle sich einfach mal bei einer Datingplattform anmelden.
  4. Elisabeth an ihrem Schreibtisch zuhause. Am Laptop meldet sie sich an und füllt einen Persönlichkeitstest aus.
  5. Am nächsten Tag öffnet sie ihr Postfach, sieben mögliche Partner wurden ihr vorgeschlagen, sie arbeitet sich durch.
  6. Dreien schreibt sie, alle antworten. Optisch am Besten gefällt ihr ein Markus, 49.
  7. Sie schreiben einige Nachrichten, Elisabeth gefällt sein Schreibstil und seine Aufmerksamkeiten.
  8. Markus schlägt nach zwei Wochen ein echtes Kennenlernen vor.
  9. und so weiter und so fort….

Schritt ACHT: das Ausformulieren des Plots

Ja, jetzt. Jetzt endlich gehts ans Ausformulieren des Plots. Die einzelnen Szenen werden mit echtem Leben gefüllt. Jede Szene bekommt Farbe, Gefühle und Gedanken. Die Protagonisten entwickeln sich, die Leserschaft erfährt von ihren Beweggründen, Vorlieben und Hoffnungen. Wie lang jeder Plotpunkt wird, bestimmst du.

Wird eine Kurzgeschichte draus oder eine Novelle, gar ein langer Roman, zeigt sich oftmals erst in dieser Phase, plotten hin oder her. Wieviel Schreibzeit nimmst du dir, welche Routinen passen in deinen Tagesablauf? All das wird bestimmen, wie gut und in welchem Tempo dein Manuskript wächst. Eine Szene pro Tag wäre sicher ein guter Anfang und anhand der Durchnummerierung des Ablaufs hast du ein festes Ziel vor Augen.

Ich werde für diesen letzten Schritt mein Beispiel nicht weiter ausformulieren, schließlich möchte ich hier keinen Roman schreiben 😉 Was Plotten ist und wie es funktioniert, hast du ganz sicher inzwischen verstanden und nun bist du an der Reihe mit deinem Schreiben.

Ich wünsche dir dabei viel Erfolg und wenn dein „ENDE“ unter dem letzten Satz steht, hast du einen Grund zum Feiern 🙂 Dein erstes Manuskript ist dank des Plottens fertiggestellt und darf nun ruhen. Wie es danach weitergehen könnte,kannst du in meinem älteren Blogartikel „Vom Manuskript zur Veröffentlichung“ nachlesen oder du nimmst direkt mit mir Kontakt auf:

Hat dir mein Blogartikel über das Plotten geholfen? Fehlt dir noch etwas und du hast Fragen? Ich freue mich über deine Rückmeldung, gern als Direktnachricht oder auch Kommentar unter diesem Artikel etwas weiter unten. Ich antworte garantiert und helfe dir bei deinem Projekt!

Und nun wünsche ich dir einen kreativen Schreibprozeß und gelingenen Schreibflow. Wir lesen uns!
Herzlichst, deine Gabi.


Lächelnde Frau vor Efeu-Wand mit einem Notizbuch in der Hand, darauf der Claim "Liebe, die durch Worte strahlt"

Gabi Kremeskötter

Liebe, die durch Worte strahlt

Freie Rede – Schreibworkshops – Lektorat


Bist du neugierig geworden und möchtest mehr von mir lesen: hier findest du meine letzten sechs Blogartikel zu meinen Themen. Wie immer eine bunte Mischung 🙂

5 Kommentare

  1. Liebe Gabi,
    alle Achtung. Das ist mal ein ausführlicher und hilfreicher Blogartikel. Ich hab mir sofort ein Lesezeichen gesetzt. Ich bin eigentlich eher der Typ „Spontanes Schreiben“ . ich setze mich gerne hin, fange einfach an und bin selbst überrascht, wo mich das Begonnene hinführt, welche Figuren zu mir kommen und was sie erleben. Das empfinde ich als sehr spannend. Aber natürlich auch als unstrukturiert. Was ich sonst eigentlich nicht bin. Deswegen habe ich mir schon lange mal vorgenommen, mich mehr mit Plot-Entwicklung zu beschäftigen. Ich bin sicher, dass Du Recht hast. Dadurch können ganz andere Ansätze entstehen, die es auch wert sind. Ich bin gerade dabei, für meinen Blog eine Figur zu entwickeln. „unser Omma“ , die zu allem ihren Senf dazu gibt und dazu dienen soll, Zwischenrufe zu machen. Die Tage habe ich mich an KI getraut und damit ein Bild dieser Omma entworfen. Da war ich schon sehr verblüfft, was dabei rauskam und als ich das Bild fertig hatte, kamen auch gleich ganz andere Ideen. Wo die Omma lebt, wie sie lebt usw.
    Also danke Dir für diese ausführliche Anleitung. Ich werde mich damit sicher noch in der Tiefe beschäftigen.
    Liebe Grüße
    Britta ( wieder von Bord zurück, erstmal aufwärmen 😉 )

    1. Liebe Britta,
      herzlichen Dank für deine Rückmeldung zu meiner Anleitung zum Plotten! Ich freue mich sehr, dass sie dir womöglich bei der Entwicklung deiner OMMA helfen kann! Und natürlich bin ich gespannt auf sie… du suchst einen Namen für sie? Wie wäre es mit ADELE? Omma Adele hat für mich einen ganz besonderen Klang, älter, weiser, verschmitzt und doch stilvoll… was meinst du?
      Gruß Gabi

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